Green Recovery in die Tat umsetzen – Erfahrungen aus Uganda

Interview mit Rebecca Nabatanzi Sserwanga über ihre Erfahrungen als Wirtschaftsberaterin für das Ministerium für Finanzen, Planung und wirtschaftliche Entwicklung.
Im Juni 2020 bat die Regierung von Uganda um Unterstützung durch die Economic Advisory Initiative der NDC-Partnerschaft, um die Green Recovery in ihrem Land zu fördern. Wie sahen die Prioritäten der Regierung für eine Green Recovery aus? Was sind die dringendsten Herausforderungen in Uganda?
Mit einer Reihe von steuerlichen Instrumenten verfolgt Uganda einen doppelten Ansatz als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie: einerseits die Bewältigung des gesundheitlichen Notstands durch die Pandemie und andererseits die mittel- bis langfristige Erholung der Wirtschaft. Die andere dringende Herausforderung ist allerdings der Klimawandel, der dem Land weiterhin schweren Schaden zufügt.
Eine Analyse der wirtschaftlichen Erholung in Uganda zeigt, dass die Regierung die Menschen in den Vordergrund stellte, indem sie politische Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitssysteme verabschiedete. Umwelt- und Klimaschutzfragen wurden jedoch in den Hintergrund gedrängt, wie die fiskalpolitischen Reaktionen belegen, die sich unter anderem auf die beschleunigte Entwicklung von Industrie- und Gewerbeparks konzentrieren.
Welchen Stellenwert hat die Green Recovery im allgemeinen Konjunkturprogramm und den Bestrebungen der Regierung?
Uganda hat eine Reihe von Strategien entwickelt, um eine Green Recovery zu realisieren. Es gibt die Entwicklungsstrategie für grünes Wachstum 2017/18 bis 2030/31, die als Leitfaden für Ugandas Agenda für grünes Wachstum dient. Der dritte nationale Entwicklungsplan umfasst ein vollwertiges Programm zum Klimawandel, das in alle anderen Programme integriert wird. Darüber hinaus hat Uganda das nationale Klimaschutzgesetz 2021 verabschiedet. Das Land hat seinen vorläufigen national bestimmten Klimaschutzbeitrag (NDC) als Rahmenwerk zur Realisierung des Pariser Klimaschutzabkommens vorgelegt, und entwickelt parallel dazu seine langfristige Strategie.
Das zeitliche Zusammentreffen der COVID-19-Pandemie und des Prozesses zur Aktualisierung des NDC im Rahmen der mittelfristigen Planung in Uganda bot eine einzigartige Gelegenheit, die Reaktion auf COVID-19 und den Klimaschutz in den dritten nationalen Entwicklungsplan und den Jahreshaushalt zu integrieren.
Obwohl das Konjunkturpaket ursprünglich „Business as usual“-Aktivitäten unterstützte und nicht auf eine Green Recovery ausgerichtet war, verspricht der NDC-Entwurf für die Zeit nach COVID-19 durch das Ziel stärkerer Emissionsminderungen größere Ambitionen.
Sie haben das Ministerium für Finanzen, Planung und wirtschaftliche Entwicklung (MoFPED) bisher 12 Monate lang unterstützt. Worin bestand Ihre Aufgabe in dieser Zeit und wie sah Ihr Arbeitsalltag aus?
Ich habe im Rahmen meiner Aufgabe eine Bewertung der Auswirkungen von COVID-19 auf den Klimaschutz vorgenommen und einen Aktionsplan für eine Green Recovery mit sechs Schwerpunktbereichen entwickelt. Dazu zählen die Klimafinanzierung, die Digitalisierung von Sektoren, ein widerstandsfähiges Transportwesen, städtische und gebaute Umwelt, Energie und grüne Beschaffung. Darüber hinaus habe ich einen Plan zur Mobilisierung von Ressourcen und ein Strategiepapier mit Vorschlägen für innovative Instrumente zur Risikominderung, für umsetzbare Steuerinstrumente, Strafen und Bußgelder entwickelt. Und schließlich habe ich Konzeptpapiere für Projekte und Kurzdossiers für innovative Instrumente zur Klimafinanzierung, den Aufbau einer klimafesten städtischen Umgebung und umweltfreundlichen Produktion erstellt.
Wenn Sie auf die vergangenen Monate zurückblicken, was waren Ihrer Meinung nach wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einer Green Recovery? Welche Entwicklungen konnten Sie als Wirtschaftsberaterin unterstützen?
Zunächst einmal ist dem Ministerium durch die Initiative bewusst geworden, dass das „Business as usual"-Wirtschaftsmodell angesichts der zahlreichen Krisen, die das Land heimgesucht haben, an seine Grenzen stößt. Die Green Recovery hat die Möglichkeit eröffnet, Interessengruppen im MoFPED miteinzubeziehen, die zuvor beim Thema Klimawandel nicht in vorderster Linie standen.
Neben einer Erhöhung der öffentlichen Investitionen erkennt das MoFPED an, wie wichtig es ist, marktbasierte Ansätze und die private Klimafinanzierung als ein Mittel zur Realisierung der NDC-Ziele und einer Green Recovery in Uganda auszuweiten. Zu diesem Zweck habe ich die Mobilisierung von Ressourcen in Angriff genommen, und das Ministerium hat weitere Unterstützung erhalten, um eine Marktbewertung zur Förderung innovativer Instrumente zur Klimafinanzierung vorzunehmen. Dazu zählten unter anderem Kohlenstoffmärkte und grüne Anleihen.
Darüber hinaus ist das MoFPED dabei, eine Abteilung für Klimafinanzierung einzurichten, die vom Kapazitätsaufbau im Rahmen der Economic Advisory Initiative profitieren wird.
Die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes 2021 ist ebenfalls ein wichtiger Meilenstein. Dieses Gesetz wird die Umsetzung der Klimaschutzpolitik beschleunigen, vor allem, wenn es mit den entsprechenden Vorschriften einhergeht. In diesem Zusammenhang bin ich dabei, das MoFPED bei der Entwicklung von Leitlinien für eine Einbeziehung des Klimaschutzes in den Finanzsektor zu unterstützen.
Waren Sie in Ihrer Tätigkeit als Beraterin mit besonderen Herausforderungen konfrontiert?
Die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten während des Lockdowns stellten eine Herausforderung dar, da persönliche Gespräche oft ein stärkeres Engagement und die Förderung von Meilensteinen ermöglichen.
Hinzu kommt, dass Uganda zwar Fortschritte gemacht hat, was die Anerkennung des Klimawandels als wichtige Herausforderung bei der Entwicklung angeht, allerdings noch nicht die notwendigen Haushaltsmittel bereitgestellt hat. Und leider ist der Umweltsektor vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie immer noch einer der Bereiche, in denen Budgetkürzungen vorgenommen werden.
Welche Erfahrungen können Sie an Fachleute weitergeben, die die Green Recovery in die Tat umsetzen wollen?
Als erstes ist es wichtig, die Kompetenzen von Interessengruppen aufzubauen. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die bislang bei Fragen wie Klimaschutz und Green Recovery nicht an vorderster Linie standen.
Als zweites gilt: Um der allgemeinen Auffassung entgegenzuwirken, dass eine Green Economy teurer ist als „Business as usual“-Investitionen, sind die Modellierung und Planung von Szenarien von entscheidender Bedeutung. Sie beweisen, dass eine Green Economy Arbeitsplätze, Einkommen, ein BIP-Wachstum und andere Vorteile schaffen wird. Dies trägt dazu bei, Denkweisen zu ändern, die Entscheidungsfindung zu unterstützen und somit die Akzeptanz der Politik zu verstärken.
Die dritte wichtige Erkenntnis bezieht sich auf das Potenzial des privaten Sektors bei der Mobilisierung von Mitteln für den Klimaschutz. Der Privatsektor hat aus den zahlreichen Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, gelernt, und die Unternehmen suchen zunehmend nach Möglichkeiten, sich für den Klimaschutz zu engagieren.
Und schließlich sollten die Verantwortlichen die Öffentlichkeit über ihre Pläne und Fortschritte informieren, um die Sichtbarkeit aller Bemühungen für eine Green Recovery zu erhöhen, und Partnerinnen und Partner zu mobilisieren und weitere Unterstützung zu sichern.
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Kontakt
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Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
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Die Interviepartnerin

Rebecca Nabatanzi Sserwanga ist Expertin für Umweltpolitik und befasst sich in ihrer Arbeit mit den Themen Klimawandel und grünes Wachstum. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen öffentliche Politik, Umweltökonomie und Klimafinanzierung. Im Rahmen der Economic Advisory Initiative berät sie das Ministerium für Planung und wirtschaftliche Entwicklung hinsichtlich einer umweltfreundlichen wirtschaftlichen Erholung.
Die Economic Advisory Initiative

Mit dem Einsatz von Beraterinnen und Beratern unterstützt die IKI ihre Partnerländer in der Corona-Krise darin, wirtschaftliche Konjunkturmaßnahmen mit Klima- und Biodiversitätszielen zu vereinen.
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Weitere Informationen
Die IKI unterstützt Aktivitäten, die auf der Arbeit von Rebecca Nabatanzi Sserwanga nach ihrem ersten Jahr als Wirtschaftsberaterin aufbauen. Dazu gehören die Planung innovativer Finanzierungsinstrumente für Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen, wie etwa Kohlenstoffmärkte, und die Entwicklung von Projektvorschlägen zur Umsetzung dieser Instrumente.