Naturbasierte Lösungen in der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI)

Naturbasierte Lösungen verbinden den Schutz der biologischen Vielfalt mit Treibhausgasminderungen und der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Dabei sind sie meist günstiger als technische Lösungen und dadurch ein wichtiger Bestandteil der IKI-Förderung. 

Baumschule mit tausenden Mangroven-Setzlingen.

Intakte Ökosysteme sind natürliche Klimaschützer: Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer, naturnahe Grünflächen in der Stadt und auf dem Land binden Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre und speichern es langfristig. Gleichzeitig helfen sie den Menschen, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Ein naturnaher Wasserhaushalt, der das Wasser in der Landschaft hält, macht beispielweise widerstandfähiger gegen zunehmende extreme Wetterereignisse. Er beugt Dürren vor und schafft Rückhalteräume als Schutz vor lokalen Überschwemmungen nach Starkregen. 

Der Schutz von Ökosystemen und ihre Wiederherstellung verbinden den Erhalt von Klima und Natur. Naturbasierte Lösungen wirken so der ökologischen Doppelkrise aus Klimawandel und Verlust der biologischen Vielfalt gezielt entgegen. Sie umfassen Naturräume ebenso wie besiedelte und landwirtschaftlich genutzte Flächen. 

Zwei Krisen, ein Ansatz: Naturbasierte Lösungen

Naturbasierte Lösungen (Nature-based Solutions, NbS) bezeichnen integrierte Ansätze, die den Erhalt der biologischen Vielfalt, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung sowie die Erreichung nachhaltiger Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) verbinden.  

Die Internationale Naturschutzunion (IUCN) definiert NbS als „Maßnahmen zum Schutz, zur nachhaltigen Bewirtschaftung und zur Wiederherstellung natürlicher oder veränderter Ökosysteme, die den gesellschaftlichen Herausforderungen wirksam und anpassungsfähig begegnen und gleichzeitig dem menschlichen Wohlergehen und der biologischen Vielfalt zugutekommen“. Der Begriff NbS umfasst ein breites Spektrum ökosystembasierter und themenspezifischer Ansätze. 

Ein Ansatz, viele Chancen

4 Menschen mit typischen vietnamnesischen Kopfbedeckungen sitzen im Sand und pflanzen Setzlinge.
Einwohnerinnen und Einwohner von lokalen Gemeinden in der Provinz Thua Thien Hue in Vietnam stellen ihr Land mit Hilfe von Setzlingen wieder her.

Die unterschiedlichen NbS lassen sich in verschiedene Bereiche unterteilen – je nachdem, welcher Nutzen im Vordergrund steht. Dienen sie vor allem der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, spricht man von naturbasierten Lösungen für Anpassung (NbS for Adaptation) oder auch ökosystembasierte Anpassung (Ecosystem-based adaptation, EbA). Ein Beispiel hierfür ist der Schutz und die Aufforstung von Mangrovenwäldern an durch Extremwetterereignisse gefährdeten Küstenabschnitten. Aber auch der Schutz von Korallenriffen als Küstenschutz oder die Schaffung von grünen urbanen Ökosystemen als Beitrag zu klimaresilienten Städten zählen dazu.  

Ein Ziel von NbS kann aber auch die Minderung von Treibhausgasen sein. Dies ist zum Beispiel bei der Wiederaufforstung von Wäldern oder der Vernässung von Mooren und Feuchtgebieten zur Kohlenstoffspeicherung der Fall und wird NbS for climate change mitigation genannt.  

Allen NbS gemein ist, dass sie zur Förderung der biologischen Vielfalt beitragen und gleichzeitig positive soziale und/oder wirtschaftliche Effekte ermöglichen. So dienen Mangrovenwälder auch als Kinderstube für Fische und viele andere marine Arten, die wiederrum die Lebensgrundlage von Fischer*innen und ihren Familien sichern.

Aufgrund des Mehrfachnutzens sowie eines günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses stellen NbS eine sinnvolle Alternative oder auch eine Ergänzung zu herkömmlichen technischen Ansätzen beim Klimaschutz und der Klimafolgenanpassung dar. Sie verfügen über ein erhebliches, aber derzeit wenig genutztes Potenzial, um globale Herausforderungen wie Klimawandel, Naturkatastrophen, Nahrungsmittel- und Wassersicherheit, nachhaltige Landnutzung und den Verlust der biologischen Vielfalt zu bewältigen. Aufgrund ihrer Multifunktionalität können NbS dazu beitragen, dringend benötigte Investitionen des öffentlichen und privaten Sektors in den Schutz der Biodiversität zu mobilisieren. 

Die IKI fördert verschiedene Maßnahmen

Seit dem Start der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) im Jahr 2008 hat das Thema EbA höchste Priorität im Förderbereich Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Mit über 65 Projekten weltweit und einem Fördervolumen von mehr als 380 Millionen Euro (Stand Ende 2022) verfolgt die IKI seitdem das Ziel, EbA durch Pilotprojekte und Wissensaufbau flächendeckend und breitenwirksam zu verankern. So wurde beispielsweise in einer Kooperation zwischen der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), IUCN und International Institute for Sustainable Development (IISD) im Rahmen des globalen EbA-Fonds ein EbA-E-Learning-Kurs zum Selbststudium entwickelt, der seit Oktober 2022 verfügbar ist. Das generierte Wissen fließt außerdem in internationale Prozesse ein und trägt entscheidend dazu bei, dass das Thema in den Verhandlungen im Kontext der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) eine bedeutende Rolle spielt.  

Der Globale EbA-Fonds

Eine Frau in einem bunten Kleid schaut auf ihre Erne in einem dörflichen Gemeinschaftsgarten in Gambia.
Eine Frau begutachtet ihre Ernte in einem dörflichen Gemeinschaftsgarten in Jappineh in der zunehmend trockenen nordöstlichen Provinz Gambias. Hier unterstützen das UN-Umweltprogramm (UNEP) und seine Partner die Gemeinden bei der Anpassung an den Klimawandel.

Die Einrichtung des Globalen EbA-Fonds (GEBAF) war dafür ein wichtiger Meilenstein. Er wurde im März 2021 von IUCN und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme, UNEP) mit Unterstützung der IKI ins Leben gerufen. GEBAF ist eine Schnellstart-Unterstützung für innovative EbA-Ansätze und zielt darauf ab, das Verständnis, die Planung und die Ausweitung von EbA sowie den Zugang zu finanziellen Mitteln für EbA-Maßnahmen zu verbessern. Dazu schließt er vorrangig Finanzierungs- und Wissenslücken, wobei der thematische Schwerpunkt auf innovativen Ansätzen, die sehr bedarfsorientiert konzipiert sind, liegt. Zudem schafft GEBAF Anreize für neue Finanzierungsmechanismen und Investitionen des privaten Sektors. Um seine Reichweite zu vervielfachen, nutzt der Fonds etablierte Partnerschaften und Netzwerke wie die „Friends of EBA“, das „Global Adaptation Network“ und die „Global Commission on Adaptation“

Seit der Gründung wurden bis Ende des Jahres 2022 vier Aufrufe für Projektideen gestartet. Im Rahmen der ersten beiden Aufrufe wurden bisher 23 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 5,6 Millionen US-Dollar bewilligt. Im Jahr 2022 erhöhte die IKI ihren Beitrag zum GEbAF um weitere 10 Millionen Euro auf insgesamt 40 Millionen Euro.

Wasserversorgung nachhaltig sichern

Drei Männer knien im Urwald vor einem Kaffeesetzling.
Ein Projektteilnehmer demonstriert Juan Carlos Funes und Marvin Hernández vom GreenWatersheds-Partner Defensores de la Naturaleza das Wachstum der Kaffeepflanzen auf seiner neu angelegten Agroforstfläche.

Das Projekt „Resiliente Wälder und Finanzierungsmöglichkeiten für eine sichere Wasserversorgung in den Tropen“ nutzt naturbasierte Lösungen gezielt für eine Verbesserung der Wasserversorgung in den Projektgebieten der Durchführungsländer Kuba, Dominikanische Republik, Guatemala und Mexiko. Robuste Wälder spielen dabei eine wichtige Rolle. Das Projekt entwickelt partizipativ mit seinen lokalen Partnerorganisationen ökosystembasierte Landnutzungspläne und führt Naturschutzmaßnahmen zur Wiederherstellung von Wäldern durch. In Mexiko hat das Projekt bis Ende 2022 mehr als 445 Hektar Wald wiederaufgeforstet und auf etwa 360 Hektar Maßnahmen zur Wiederherstellung degradierter Flächen durchgeführt. Außerdem wurden in Mexiko über 360 klimaresiliente agroökologische Systeme angelegt. Darunter versteht man einen landwirtschaftlichen Ansatz, bei dem die Bewirtschaftung das Ziel verfolgt, möglichst positive Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Wasser, Boden, Bäumen, Tieren und Menschen zu erzeugen. 

Seit 2021 liegt der Fokus des Projektes zudem auf der Multiplikation von EbA-Maßnahmen sowie auf deren verbesserter Einbettung in regionale Strukturen und wirtschaftliche Sektoren unter Einbeziehung privatwirtschaftlicher Akteurinnen und Akteure. 

Ernährungssicherung und Sicherung der Widerstandsfähigkeit von Küstengemeinden

Seegraswiese von oben. Auf dem Wasser ist ein kleines Fischerboot zu sehen.
Seegraswiesen sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Tiere und gleichzeitig ein Kohlenstoffspeicher.

Das Projekt „Schutz von Seegrasökosystemen – Ernährungssicherung und Sicherung der Resilienz von vulnerablen Küstengemeinden“ arbeitet daran, Gebiete in Asien, auf denen Seegras wächst, zu bewahren. Seegras ist eine wesentliche Nahrungsquelle für Dugongs (Seekühe) und andere Meerestiere und erbringt wichtige Ökosystemleistungen. Es bindet beispielsweise Kohlenstoffdioxid und bietet genau wie Mangroven wichtige Lebensräume für Fische und andere marine Arten.

Ein wichtiges Werkzeug zum Schutz der Seegrasökosysteme ist die Wissensvermittlung über ihre Bedeutung und wie schützenswerte Gebiete zu identifizieren sind. Dazu nutzt das Projekt mit dem „Dugong and Seagrass Hub“ eine eigene Website, verbreitet Informationen über eigene Social-Media-Kanäle und führt Veranstaltungen durch. Es bindet dabei Gemeinden in den Partnerländern sowie lokale NGOs eng ein. Die NGOs werden beispielsweise in partizipativer Forschung geschult, um Daten über wichtige Seegrasgebiete zu sammeln. 

Das Projektteam entwickelt zudem alternative Geschäftsmodelle, um Lebensgrundlagen zu verbessern und Mittel für den Schutz des Seegrases bereitzustellen. Dazu zählen beispielsweise Spirulina-Aquakulturen sowie ein Blue-Carbon-Kreditprogramm, die eine zusätzliche Einnahmequelle darstellen können.  

Weitere Informationen zu IKI-Aktivitäten im Bereich EbA finden Sie auf der Themenseite zur ökosystembasierten Anpassung

Die ENACT-Initiative

Auf der 27. Weltklimakonferenz rief Deutschland gemeinsam mit der COP27-Präsidentschaft Ägypten zudem die ENACT-Initiative ins Leben. ENACT steht für „Enhancing Nature-based Solutions for an Accelerated Climate Transformation“ (Ausbau des natürlichen Klimaschutzes für eine schnellere Klimawende). Die Initiative ist ein freiwilliger Zusammenschluss von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren unter dem gemeinsamen Vorsitz von Ägypten und Deutschland. Sie wird einen jährlichen Bericht über den Stand beim Thema Naturbasierte Lösungen erstellen, um bei der nächsten Weltklimakonferenz (COP28) und bei nachfolgenden Treffen über Fortschritte bei der Umsetzung von Verpflichtungen im Bereich Naturbasierte Lösungen zu informieren. Das für die Umsetzung der Initiative verantwortliche ENACT-Sekretariat ist bei der IUCN angesiedelt. 

ENACT wird zu folgenden Zielen beitragen: 

  • Mindestens 1 Milliarde schutzbedürftige Menschen, darunter mindestens 500 Millionen Frauen und Mädchen, vor den Folgen des Klimawandels zu schützen und ihre Resilienz zu stärken. 
  • Bis zu 2,4 Milliarden Hektar gesunder natürlicher und nachhaltiger landwirtschaftlicher Ökosysteme zu sichern, indem 45 Millionen Hektar unter Schutz gestellt, 2 Milliarden Hektar nachhaltig bewirtschaftet und 350 Millionen Hektar renaturiert werden. 
  • Die weltweiten Minderungsanstrengungen durch den Schutz, den Erhalt und die Wiederherstellung kohlenstoffreicher Land-, Süßwasser- und Meeresökosysteme signifikant zur erhöhen. 

 

Die ENACT-Initiative hat außerdem zum Ziel, bestehende Aktivitäten und Partnerschaften für naturbasierte Lösungen besser zu koordinieren und die Zusammenarbeit in diesem Bereich zu fördern.  

IKI-Jahresbericht 2022

Dieser Beitrag ist Teil des IKI-Jahresberichts 2022. Erfahren Sie mehr über das IKI-Jahr 2022 …

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