08.06.2022

Schutz von Ruandas Bergregenwald

Blick in den Cyamudongowald

Die IKI unterstützt im Regenwaldgebiet Cyamudongo den Übergang zu einer nachhaltigen Agroforstwirtschaft. 

Biodiversität in Gefahr

Ruanda gilt als ein Hotspot der Artenvielfalt - darin sind sich Fachleute weltweit einig. Gerade im „Nyungwe Nationalpark“, dem größten Bergregenwald Ostafrikas, und seinem zugehörigen Restwald „Cyamudongo“, findet sich eine unglaubliche Vielzahl und Diversität an Flora und Fauna. 

Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums in Ruanda steigt jedoch der Landnutzungsdruck auf die unberührte Natur. Wälder werden abgeholzt, um Brennholz zu gewinnen. Landwirtschaftliche Produktion wird durch die daraus resultierende Bodenerosion und durch lokale Klimaveränderungen negativ beeinträchtigt. 

Bildung für den Erhalt der Artenvielfalt

Seit vielen Jahren erforscht die Universität Koblenz die komplexen Zusammenhänge des Waldes und der angrenzenden Gebiete in Ruanda und etabliert Schutzmaßnahmen für das Ökosystem. Dabei arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eng mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren in Ruanda zusammen und binden die lokalen Bevölkerung ein. 

Im Rahmen des „Cyamudongo-Projektes“, das von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) gefördert wird, wurden Bäuerinnen und Bauern in den Randzonen des Nationalparks für Methoden einer ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft sensibilisiert und in Techniken der Agroforstwirtschaft geschult. Die Maßnahmen tragen zur Ernährungssicherung und zur Energieversorgung bei und senken gleichzeitig den Nutzungsdruck auf den Wald. 

Biodiversität sichtbar machen

„Nur was wir kennen, können wir auch schützen und bewahren“, erläutert Prof. Dr. Eberhard Fischer, der gemeinsam mit Siegmar Seidel (beide Universität Koblenz) das Projekt leitet. Der richtige Umgang mit sensiblen Biotopen wie dem Cyamudongo-Wald ist ein wichtiger Baustein zum Schutz der globalen Biodiversität. Durch Schulungen von Studierenden, Mitarbeitenden des Nationalparks und der Umweltbehörden in Ruanda vermittelt das Projekt erfolgreich Wissen über die Pflanzen- und Tierwelt des Nationalparks und zum Monitoring von Vegetation und anthropogenen Einflüssen. 

Die schwarzgrüne Buschviper ist eine in der Region (Albertine-Rift) endemisch vorkommende Art.
Die schwarzgrüne Buschviper ist eine in der Region (Albertine-Rift) endemisch vorkommende Art.
Eine Baumschule des Projektes in Cyandarama.
Eine Baumschule des Projektes in Cyandarama

Um die Bedeutung des Waldes für die Artenvielfalt und die Schutzbedürftigkeit zu belegen, sind zwischen den Jahren 2017 und 2021 zweimal im Jahr die Veränderungen der Artenzusammensetzung auf zuvor festgelegten Beobachtungsflächen erfasst und dokumentiert worden. Insgesamt sind so 336 Pflanzenarten nachgewiesen worden, von denen fünf ausschließlich in Ruanda und 16 weitere in Ruanda lediglich im Cyamudongo gefunden wurden. Diese sogenannten Endemiten, also Arten, die nur an einer Stelle oder in einem Gebiet vorkommen, sind für die Bewertung des Cyamudongo-Waldes als Refugium für seltene Arten besonders aussagekräftig. Weitere zehn Pflanzenarten konnten erstmals für Ruanda nachgewiesen werden.

In Zusammenarbeit mit der University of Rwanda hat das Projekt die Doktorarbeiten von zwei ruandischen Wissenschaftlern betreut und mit Logistik und Stipendien unterstützt: Während Aimable Nsanzurwimo mit seiner Arbeit die Vegetation des Waldes in Bezug auf anthropogene Einflüsse hin untersuchte, erforschte Concorde Nsengumuremyi den Einfluss verschiedener Baumarten in Agroforstsystemen auf CO2-Fixierung und Biodiversität in den Randzonen des Cyamudongowaldes.

Fachliche Unterstützung des Forstsaatgutzentrums und enge Zusammenarbeit der Universitäten

Das Projekt hat das nationale Forstsaatgutzentrum mit Hauptsitz in Butare/Huye zwei Jahr lang fachlich unterstützt und die Mitarbeitenden weitergebildet. Ein Schwerpunkt war die Ausarbeitung von Abläufen zum Vertrieb von Forstsaatgut. Praxis-Workshops in Pflanzenbestimmung, Veredelungstechniken sowie Schulungen im Aufbau und Management von Baumschulen rundeten das Angebot ab. 

Durch die Kooperation der Universität Koblenz mit der University of Rwanda konnten zudem zwei Mitarbeitende des Forstsaatgutzentrums als Masterstudenten an beiden Universitäten studieren. 

Außerdem wurden Studierendenexkursionen in das „Arboretum of Ruhande“ durchgeführt sowie studentische Praktikantinnen und Praktikanten am Saatgutzentrum in die Projektarbeit involviert. Die Studierenden haben beispielsweise die Vegetation des Arboretums kartiert und konnten so ihre Botanikkenntnisse festigen. Die Kartierungsergebnisse sind als interaktive Karte online veröffentlicht und werden stetig ergänzt. 

Agroforstsysteme für eine nachhaltige Landnutzung

Die Anbauflächen in Ruanda liegen oftmals an Hängen und sind bei Starregenereignissen durch Bodenerosion gefährdet. Die Anlage von Agroforstsystemen, also die Integration von Bäumen und Hecken in die landwirtschaftliche Fläche, ist ein erprobtes Mittel, die Böden zu stabilisieren, sowie Viehfutter und Brennholz auf den Äckern - gleichzeitig mit den angebauten Kulturen - zu produzieren. Diese Optimierung der Flächennutzung trägt zum Umweltschutz bei, indem Mikrohabitate die lokale Artenvielfalt fördern und zugleich die Biomasseproduktion erhöhen. Das Projekt nutzt diese Erkenntnisse und hat um den Cyamudongowald herum einen Agroforstgürtel etabliert und einen Agrofrostkorridor zum 10 Kilometer entfernten Nyungwe-Wald angelegt.

Insgesamt sind in der Projektlaufzeit 6.385 Hektar Agroforstfläche und 50 Hektar naturnahe Kleinforste entstanden. Das heißt konkret: In Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung wurden etwa 1,57 Millionen Baumsetzlinge gepflanzt – die zusätzlich als Kohlenstoffspeicher zum globalen Klimaschutz beitragen.

Um die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber einer naturnahen Agroforstwirtschaft zu steigern und die Maßnahmen nachhaltig zu implementieren, wurden mehr als 13.000 Bäuerinnen und Bauern vor Ort zu grundlegenden Themen aus dem Bereich der Agroforstwirtschaft geschult. So lernten die Teilnehmenden sämtliche Baumarten, sowie die Möglichkeiten des Erosionsschutzes kennen. 

Um das Wissen und die Aktivitäten dauerhaft zu verankern, arbeitet das Projekt eng mit den lokalen Behörden bis auf Dorfebene zusammen. 

Seit Beginn des Jahres 2022 werden zudem zwei vom Projekt eingerichtete Baumschulen von ehemaligen Mitarbeitern in privater Verantwortung fortgeführt. Das eröffnet der Bevölkerung die Möglichkeit, auch nach Projektende weiterhin einheimische und ortsangepasste Baumsetzlinge zu erwerben. 

Insgesamt hat das Projekt zu einer deutlichen Verbesserung der ökonomischen Situation am Rande des Regenwaldes in einer abgelegenen Region im Südwesten Ruandas beigetragen. Mehr als 3.280 Personen fanden durch das Projekt ein Einkommen. 

Ausblick

Das IKI-Projekt zeigt, dass der Erhalt von Artenvielfalt, von Wäldern und von landwirtschaftlicher Produktion Hand in Hand gehen und gleichzeitig zum Schutz des Klimas und der natürlichen Ressourcen beitragen kann. 

Und es zeigte auch, wie wichtig es ist, dass diese Projekte gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung umgesetzt werden, denn: Akzeptanz, Motivation und die tatkräftige Unterstützung der Menschen vor Ort sind Grundvoraussetzung für den Erhalt der Waldflächen, von dem letztlich alle Menschen profitieren - lokal, regional und global.

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Kontakt

IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

Stimme aus dem Projekt

“Im IKI-Projekt der Universität Koblenz habe ich neue Fähigkeiten in der Entwicklung und im Management von Forschungsprojekten erworben. Das hat mir die Tür zu einer leitenden Position als stellvertretender Direktor für “Academics and Trainings” am Integrated Polytechnic Regional College geöffnet.”

Dr. Concorde Nsengumuremyi, ehemaliger Doktorand im Projekt 

Weiterbildung in Zahlen

Bis März 2022 nahmen insgesamt 95 Nationalparkmitarbeitende und 88 Studierende sowie Behörden- und Universitätsmitarbeitende an Schulungen und Exkursionen in den Cyamudongowald teil und erweiterten dadurch ihre Kenntnisse zum Schutz der lokalen Biodiversität.

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