11.04.2019

Götter und Mangroven im Biosphärenreservat Songor, Ghana

Lagunengebiet, das in der Trockenzeit ausdörrt; Foto: Shannon Hampton
Lagunengebiet, das in der Trockenzeit ausdörrt; Foto: Shannon Hampton

Das Team des Mami-Wata-Projekts besucht das UNESCO-Biosphärenreservat und erzählt über die dabei gewonnenen Erkenntnisse.

Dickson holte uns um 8 Uhr morgens in unserem Hotel in Ada (Ghana) an der Mündung des Volta ab. Es waren 28 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit lag bei über 80 Prozent. Am Vormittag wollten wir einige Orte in dem der Ramsar-Konvention unterliegenden UNESCO-Biosphärenreservat Songor besuchen. Die Lagunenlandschaft von Songor gehört zu den geschützten Feuchtgebieten am östlichen Teil der 550 Kilometer langen Sandküste von Ghana. Der Leiter des Biosphärenreservats Dickson Agyemang sollte uns für die nächsten vier Stunden durch die Lagunenlandschaft führen.

Das Team des Mami-Wata-Projekts war nach Ada gereist, um gemeinsam mit den Projektpartnern an der aktuellen Jahresplanung zu arbeiten. Das IKI-Projekt baut in Westafrika Kapazitäten für ein verbessertes Küsten- und Meeresmanagement im Rahmen der Abidjan-Konvention (ABC) auf. 

Die Lagunenlandschaft von Songor wurde im August 1992 als Ramsar-Schutzgebiet ausgewiesen. Damit unterliegt die Lagune dem Übereinkommen über Feuchtgebiete, das auch unter der Bezeichnung Ramsar-Konvention bekannt ist. Die Ramsar-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der auf Initiative der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ausgearbeitet wurde. Das 51.000 Hektar große Gebiet wurde im Juni 2011 als Biosphärenreservat ausgewiesen und umfasst eine Übergangszone, eine Pufferzone und eine Kernzone. 

Biosphärenreservate sind international anerkannte Schutzgebiete und dienen dazu, die biologische Vielfalt zu schützen und nachhaltig zu nutzen und die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt durch die Aufklärung der Bevölkerung und die Wiederherstellung von Ökosystemen zu verbessern. In der Lagunenlandschaft von Songor legen vier weltweit bedrohte Schildkrötenarten ihre Eier ab: die Grüne Meeresschildkröte, die Echte Karettschildkröte, die Lederschildkröte und die Oliv-Bastardschildkröte. Außerdem ist Songor die Heimat von zwei Mangrovenarten (der Avicennia africana und der Rhizophora racemosa), 57 Zugvogelarten, Seekühen sowie anderen Tieren und Pflanzen.

Arbeiter installieren eine Anlage zur Sauerstoffanreicherung an einem der Wasserbecken; Foto: Marco Vinaccia

Wir stiegen alle in den Minivan ein und gelangten nach 15 Minuten zu unserer ersten Station in der Pufferzone des Biosphärenreservats, der Baustelle der DansMa-Aquakulturanlage, in der ein privates Unternehmen Garnelen für den Export züchten möchte. Die Zuchtteiche sollten ursprünglich an einem Bach liegen, doch wurde beschlossen, einen aus einer Straße bestehenden Pufferbereich zu schaffen, damit zwischen den Garnelenteichen und dem Bach ein Schutzabstand gewahrt bleibt. Auch die Uferböschungen des Baches wurden angehoben, so dass das Wasser den Bereich, in dem die Mangroven wachsen, nicht mehr überschwemmen kann.   

Der nächste Halt befand sich an der Grenze zur Kernzone, wo die lokale Bevölkerung Salz gewinnt, da ein Teil des Wassers der Lagune während der Trockenzeit verdunstet. Die Salzgewinnung ist eine der wichtigsten Einnahmequellen zur Deckung der Grundbedürfnisse der Bewohner des Biosphärenreservats.

Anschließend fuhr Dickson mit uns in ein Dorf, dessen Bewohner zusammen mit der Forstkommission in einer konzertierten Aktion Mangroven gepflanzt hatten, um die Mangrovenwälder wiederherzustellen. Die Setzlinge waren dabei von der Forstkommission zur Verfügung gestellt worden. Durch den Rückgang der von Mangroven bewachsenen Flächen haben auch die Niederschläge abgenommen. Dies wiederum hat Buschfeuer begünstigt, wodurch die lokale Bevölkerung daran gehindert wurde, auf einer größeren Fläche wieder Mangroven anzupflanzen. Seit Beginn des Umweltsanierungs- und Aufforstungsprogramms nehmen die Niederschlagsmengen allmählich wieder zu. Gleichzeitig steht das Biosphärenreservat vor der Herausforderung, dass aufgrund des Bevölkerungswachstums zunehmend gegen die Schutzbestimmungen verstoßen wird, beispielsweise durch Wilderei oder den Versuch, ohne entsprechende Genehmigung Ressourcen im Biosphärenreservat zu gewinnen. 

Die wiederaufgeforsteten Mangrovenwälder bieten Schlaf- und Nistplätze für Zugvögel, die wiederum Touristen in das Gebiet locken. Ein Teil der Mangroven wird von den Einwohnern als Bauholz genutzt. Die hydrologischen Gegebenheiten im Mündungsdelta des Volta-Flusses sorgen dafür, dass Brackwasser in einige Teile der Lagune eindringt, was den Fischfang durch die einheimische Bevölkerung begünstigt. Die Wiederaufforstung der Mangrovenwälder und alternative Pflanzungen werden durch das Small Grants Programme der Globalen Umweltfazilität finanziert.

13.000 Mangrovensetzlinge, die im Sommer gepflanzt werden; Foto: Marco Vinaccia

Der vorletzte Halt unserer Reise führte uns in den südlichen Teil des Biosphärenreservats. Dieser grenzt an den Atlantik und bietet mit seinen langen Sandstränden verschiedenen Schildkrötenarten gute Möglichkeiten für die Eiablage. Die Forstkommission organisiert regelmäßig Gespräche in örtlichen Schulen, um Schülern und Lehrern Wissen über die verschiedenen Schildkrötenarten zu vermitteln, sie über die Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen aufzuklären und sie dafür zu gewinnen, sich an der Freilassung von Jungtieren ins Meer zu beteiligen. Von den sieben lokalen Clans essen nur zwei Schildkrötenfleisch, während die anderen die Schildkröten als göttliche Wesen ansehen. 

Die Forstkommission geht konsequent gegen Wilderei vor. So ist die Zahl der gewilderten Schildkröten 2018 zurückgegangen und 2019 soll die illegale Jagd auf Schildkröten vollständig unterbunden werden. Darüber hinaus drohen Schildkröteneiern auch Gefahren durch Hunde, Krähen und Falken. Aus diesem Grund wurde ein Netz errichtet, um die Eier zu schützen und ihre Entwicklung zu überwachen. Ähnlich wie in anderen Küstengebieten der Welt stellt Erosion eine große Herausforderung dar, da an den instabilen Teilen des Sandstrands manchmal zwei Meter Strand pro Woche verloren gehen. Zur Eindämmung der Erosion haben die örtlichen Behörden auf einer Strecke von 22 Kilometern alle 500 Meter Barrieren errichtet. In der Küstenregion sind Arbeitsplätze in der Gastronomie, dem Hotelgewerbe, bei den Anbietern von Bootsausflügen sowie in anderen Teilen der Tourismusbranche entstanden.

Rückzugsraum zum Schutz und für die Beobachtung von marinen Schildkröteneiern; Foto: Marco Vinaccia

„Dieser Feldbesuch war vor dem Hintergrund eines integrierten Managements von Meeres- und Küstengebieten sehr informativ“, so Christian Neumann, Leiter des Mami-Wata-Projekts. „Einige der Lösungen, die in der Lagunenlandschaft von Songor realisiert wurden, eignen sich auch für das Takoradi-Gebiet in Ghana und könnten darüber hinaus von den beiden Mama-Wata-Pilotprojekten in Benin und der Elfenbeinküste aufgegriffen werden.“

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