05.11.2022

Beteiligung aller Interessen als Erfolgsrezept

Mann sitzt auf einem Felsvorsprung

Wie ein IKI-Projekt über den Landschaftsansatz den Schutz der Umwelt und die wirtschaftliche Entwicklung in den Partnerländern in Afrika miteinander verbindet.

Eine wirkungsvolle und gerechte Verwaltung und Steuerung (Governance) natürlicher Ressourcen ist eine wesentliche Voraussetzung, um Landschaften zu schützen, ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten zu nutzen und alle gesellschaftlichen Gruppen zu beteiligen. Als erfolgreiche Methode hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten der Landschaftsansatz etabliert. Als Landschaftsansatz versteht man das integrierte Management von Ökosystemen unter Berücksichtigung unterschiedlicher und konkurrierender sozialer, kultureller, wirtschaftlicher und ökologischer Interessen. Ziel ist es, den Schutz und die wirtschaftliche Entwicklung einer Landschaft miteinander in Einklang zu bringen.

Praxisbeispiele verdeutlichen, dass sich der Erhalt und die nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen in Schutzgebieten nicht gegenseitig ausschließen, sondern dass Biodiversität und Menschen davon profitieren können. Durch partizipatives Management und Multi-Stakeholder-Plattformen, die alle Akteurinnen und Akteure berücksichtigen, können Wertschöpfungsketten geschaffen und die nachhaltigen Lebensgrundlagen der Bevölkerung innerhalb und in unmittelbarer Nähe von gemeinsam verwalteten Schutzgebieten gesichert werden. Beides erhöht das Bewusstsein und die Akzeptanz für den Naturschutz. Ein Entscheidungsfindungsprozess, der die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, verbessert also die Ergebnisse.

Der PLUS-Ansatz zur Bildung dauerhafter Institutionen für eine inklusive Entscheidungsfindung

Der Landschaftsansatz ist auch das zentrale Instrument des von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) geförderten und von der Internationalen Weltnaturschutzunion (IUCN) durchgeführten Projekts „Africa Stabilizing Land Use (PLUS)“. Es zielt darauf ab, das Potenzial zur Erhaltung der biologischen Vielfalt auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen in vier afrikanischen Ländern zu erhöhen. Es konzentriert sich auf Gebiete mit hohem Wert für die biologische Vielfalt, in denen Entwaldung und Bodendegradation eine anhaltende Bedrohung darstellen. Dazu verbessert es die Governance natürlicher Ressourcen in sechs Landschaften, darunter Wassa Amenfi und der Mole National Park in Ghana, Agoro-Agu und Mount Elgon in Uganda, Kilombero Valley in Tansania und die Mangaï in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo). Der Landschaftsansatz gibt dabei Beteiligten aus allen Ebenen und aus allen Sektoren die Möglichkeit, ihre Interessen, Perspektiven und Werte hinsichtlich des Managements natürlicher Ressourcen einzubringen.

Als neutrale Multi-Stakeholder-Plattformen setzt das IKI-Projekt sogenannte Landnutzungsdialoge (Land Use Dialogues, LUDs) ein. Mit ihnen wird versucht herauszufinden, welche Herausforderungen bestehen und welche Lösungen möglich sind. LUDs tragen dazu bei, Entscheidungen fair, gerecht und gleichberechtigt zu gestalten. Dies ist umso wichtiger, als dass ihr Erfolg in starkem Maße davon abhängt, inwieweit unterschiedliche Akteurinnen und Akteure einbezogen werden und in der Lage sind, sich in den Prozess einzubringen und ihre Rechte zu vertreten.

In jedem Projektgebiet waren die LUDs der Ausgangspunkt für die Einrichtung von Governance-Arbeitsgruppen (Governance Working Group, GWG). Diese Gruppen setzen sich aus Vertretenden konkurrierender Interessen zusammen. GWGs versuchen, die jeweiligen Prioritäten in den Landschaften zu identifizieren und Strategien für ein nachhaltiges Management – von lokaler bis nationaler Ebene – zu entwickeln. Sie bieten die erforderlichen Strukturen, um regelmäßige Dialoge, den Aufbau von Kompetenzen und Entscheidungen zu Fragen rund um ein nachhaltiges Management von Landschaften voranzubringen.

Renaissance eines Schutzgebiets in der Demokratischen Republik Kongo

Menschen bei einer Konsultation im Freien
In einer Konsultation werden lokale Gemeinschaften in Ghana bei den Entscheidungen über natürliche Ressourcen beteiligt.

Wie der Landschaftsansatz konkret aussehen kann, zeigt die Arbeit des PLUS-Projektes in der Demokratischen Republik Kongo. Die Verwaltung und das Management des Mangaï-Schutzgebiets im Südwesten des Landes liegen beim kongolesischen Institut für Naturschutz (ICCN). Trotz der Bemühungen des ICCN führten fehlende finanzielle Mittel zu einer Verschlechterung der Verwaltungsinfrastruktur des Reservats.

Dem Management des Reservats fehlte es nicht nur an grundlegenden Instrumenten wie verlässlichen Daten, sondern auch an einem Entwicklungs- und Managementplan, der Entscheidungen für eine optimale Ressourcennutzung ermöglicht hätte. Darüber hinaus waren die Grenzen des Reservats nicht klar markiert und vielen Interessensgruppen, einschließlich Verwaltungsbeamten und Verwaltungsbeamtinnen, nicht bekannt. Den Interessensgruppen war deshalb nicht bewusst, dass sie die Ressourcen eines Naturschutzgebietes teilweise rücksichtslos nutzten. Das Ergebnis: 76 Jahre nach seiner Gründung war das Mangaï-Reservat erheblich geschädigt.

Die DR Kongo verpflichtete sich im Rahmen der Bonn Challenge, acht Millionen Hektar Waldlandschaften wiederherzustellen. Die Bonn Challenge ist die bedeutendste internationale Initiative zum Wiederaufbau von Wäldern. Die beteiligten afrikanischen Staaten wollen bis 2020 rund 150 Millionen Hektar Wald wieder aufforsten. Als ein Teil dieses Beitrags wählte die Regierung der DR Kongo das PLUS-Projekt mit der Mangaï-Landschaft aus. Als ersten Schritt entwickelte das IKI-Projekt ein strategisches Planungsinstrument für den Wiederaufbau des Schutzgebiets, insbesondere einen Landnutzungs- und Managementplan.

Alle Interessen werden beteiligt

Die dazu notwendige Phase der Datenerhebung erfolgte auf partizipative Weise mit einem Bottum-up-Ansatz, also von der Zivilgesellschaft ausgehend. Über LUDs wurden Konsultationen mit den Beteiligten aus den Gebieten Idiofa und Oswhe organisiert. Daraus ergaben sich Fokusgruppen, in denen eine Vielzahl von Interessengruppen zusammenkamen, die Beitrag zum Schutzgebiet leisten. Durch diese Arbeit konnten unter anderem die Grenzen des Schutzgebietes bestätigt werden. Der Prozess mobilisierte mehr als 200 Menschen, darunter den Gebietsverwalter, den Ratsvorsitzenden, die politisch-administrativen Behörden, die Planungseinheit des Reservats, die traditionellen Autoritäten, Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, der Sektoren Fischerei, Jagd, Tierzucht, Landwirtschaft und Holz sowie des Frauenverbandes.

In einem nächsten Schritt wurden zwei Fokusgruppen für den verstärkten Schutz von Tieren gebildet. Ihnen gehörten wichtige Akteure und Akteurinnen der lokalen Verwaltung wie der Verwaltungschef, traditionelle Häuptlinge sowie Jagende und Angelnde des Oshwe-Territoriums im Mangaï-Reservat an. Sie diskutierten über den verstärkten Schutz von Tierarten wie Horntieren, Affen, großen Raubtieren, Wildschweinen, Mardern, Schuppentieren, Elefanten und Flusspferden. Die Beteiligten tauschten Daten über das Vorkommen, die Häufigkeit und die Verteilung der Arten in dem Gebiet aus. In den Gesprächen ging es auch um zusätzliche Informationen über wichtige kulturelle Verbindungen zu diesen Tieren.

Vertreterinnen und Vertreter der August 2018 gegründeten GWG organisierten eine Arbeitssitzung, um die Anmerkungen der Interessengruppen in den Landnutzungs- und Managementplan zu integrieren. Der so verabschiedete Managementplan wurde dann den Abgeordneten der Nationalversammlung für die Gebiete Idiofa und Oshwe, der IUCN, Vertreterinnen und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, die in der Idiofa-Landschaft tätig sind, verschiedenen ICCN-Führungskräften und dem Leiter des Reservats Mangaï zur Validierung vorgelegt. Diese begrüßten die Erstellung des Managementplans und schlugen Anpassungen in bestimmten Details vor, wie z. B. bei den Namen bestimmter Dörfer und den Sektorgrenzen.

Die Anwesenheit der Abgeordneten der Nationalversammlung war für den Validierungsprozess sehr wichtig, da sie einen großen Einfluss auf die Stellen haben, die für die Umsetzung des Plans zuständig sind. Der Validierungsprozess bekam so eine größere offizielle Bedeutung. Das gesamte Dokument wurde nach der Validierung der Nationaldirektion des ICCN als offiziell anerkannter Landnutzungs- und Managementplan vorgelegt.

Partizipation als Schlüssel zum Erfolg

Der Mangaï-Managementplan half der Regierung, sich in dem Gebiet als Schutzgebietsverwalterin neu zu positionieren. Der neue Plan stärkte auch die Rolle und die Unterstützung der lokalen Gemeinschaften bei der Verwaltung des Schutzgebiets. Die von den Gemeinschaften geführte GWG wird im Managementplan ausdrücklich als Verantwortliche für die Verwaltung des Schutzgebiets auf lokaler Ebene anerkannt, wodurch die Macht der Gemeinschaften gestärkt wird und sie ihre Rechte in der gesamten Landschaft überwachen können.

Der in einem partizipativen Prozess erstellte Managementplan für das Mangaï-Reservat trägt zu langfristigen Schutzergebnissen und zur Umsetzung der nationalen Strategie zur Erhaltung der Gemeinschaft bei. Der Schlüssel zum Erfolg war die Beteiligung und aktive Konsultation der lokalen Gemeinschaften während des gesamten Prozesses, ohne die der Übergang von der Theorie zur Politik, zur Praxis und zur Verabschiedung des Plans nicht hätte erreicht werden können.

Der Erfolg und die in Mangaï gewonnenen Erkenntnisse können anderen Schutzgebieten in der DR Kongo helfen, ihre Managementpläne zu entwickeln oder zu überarbeiten, und

Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem PLUS-Projekt für integrative Governance in und um Schutzgebiete wurden zudem auf dem African Protected Area Congress (Kongress über Schutzgebiete in Afrika) im Juli 2022 vorgestellt.

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