18.10.2021

Stadtplanung im Zeichen des Klimawandels

Stadt von oben
Ein IKI-Projekt auf den Philippinen unterstützt die Risikovorsorge und die Anpassung von Städten an klimabedingte Wetterextreme. Foto: BMU/City of Ormoc, Leyte, Philippines

Ein IKI-Projekt auf den Philippinen unterstützt die Risikovorsorge und die Anpassung von Städten an klimabedingte Wetterextreme.

Die Philippinen gehören laut Global Climate Risk Index 2021 zu den Ländern, die weltweit am stärksten von klimabedingten Extremwetterereignissen betroffen sind. Die Auswirkungen des Klimawandels auf den südostasiatischen Inselstaat sind immens: Schwere Unwetter führen immer wieder zu Todesopfern und Verletzten und verursachen hohe wirtschaftliche Verluste sowie Schäden an der Infrastruktur.

Vor allem städtische Regionen, in denen 75 Prozent des Bruttoinlandprodukts erwirtschaftet werden, sind durch den Klimawandel besonders gefährdet: 70 Prozent der philippinischen Städte liegen an der Küste und sind tropischen Wirbelstürmen, Sturmfluten, Überschwemmungen, Küstenerosion, und starken Winden unmittelbar ausgesetzt. Auch langsam einsetzende Auswirkungen, wie der Anstieg des Meeresspiegels oder zunehmende Hitze, haben schwerwiegende Folgen.

Etwa die Hälfte der philippinischen Bevölkerung lebt aktuell in städtischen Gebieten. Die Vereinten Nationen (UN) und die philippinische Regierung schätzen, dass der Anteil in den nächsten 20 Jahren auf 60 Prozent steigen wird. Das bedeutet, dass noch mehr Menschen den Folgen des Klimawandels ausgesetzt sein werden, wenn sich die Städte nicht umgehend anpassen. Dabei sind ärmere Bevölkerungsschichten besonders gefährdet, da sie meist in Hochrisikogebieten leben. Diese oftmals informellen Viertel sind aufgrund ihrer Lage, etwa in der Nähe von Flüssen, und fehlender resilienter Infrastruktur besonders betroffen.

IKI-Projekt unterstützt Klimaresilienz von Städten auf den Philippinen

Das von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) geförderte Projekt „Klimaresiliente Stadtplanung: Unterstützung der städtischen Behörden auf den Philippinen“ treibt die Anpassung der Städte voran. Im Rahmen des Vorhabens erarbeitet UN-Habitat in Zusammenarbeit mit dem philippinischen Ministerium für Wohnen und nachhaltige Stadtentwicklung (DHSUD) und anderen Aufsichtsbehörden geeignete politische Maßnahmen sowie nachhaltige Stadtentwicklungspläne und städtebauliche Konzepte.

Das Projekt unterstützt den nationalen Aktionsplan zum Klimawandel und die Weiterentwicklung und Umsetzung der nationalen festgelegten Beiträge zum Klimaschutz (Nationally determined contributions, NDC). Angesichts des Wachstums der Städte soll es die institutionellen Kompetenzen auf nationaler und subnationaler Ebene stärken. Um den Neustart nach der Covid-19-Pandemie nachhaltig zu gestalten und emissionsarme und widerstandsfähige Prinzipien und Praktiken zu fördern, erhielt das Vorhaben zusätzliche Mittel in Höhe von 700.000 Euro aus dem Corona-Response-Paket der IKI.

Schulungen für Ministerien und Verwaltung

Im Rahmen des Projekts wurden 50 Planungsausbilderinnen und -ausbilder sowie politische Mitarbeitende des Ministeriums für Wohnen und nachhaltige Stadtentwicklung, des Ministeriums für Inneres und Kommunales (DILG), sowie der Nationalen Behörde für Wirtschaft und Entwicklung (NEDA) fortgebildet. Das Ziel: Kommunalverwaltungen sollen Belange zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in städtische Raumordnungs- und Sektorpläne integrieren können. Technisches Personal der Climate Change Commission (CCC) und der Städteplattform League of Cities of the Philippines (LCP) wurde ebenfalls geschult, um die Kommunalverwaltungen bei der Entwicklung von klimaangepassten Stadtplänen und -entwürfen zu unterstützen.

Pilotstädte dienen als Lernfeld, um Wissen und Maßnahmen zu erproben

Fünf Pilotstädte dienten als Lernfeld, um das Wissen anzuwenden und die praktischen Maßnahmen zu erproben. Die Städte Angeles, Cagayan de Oro, Legaspi, Ormoc und Tagum sowie die Planerinnen und Planer der nationalen Institutionen setzen sich hier für die Prinzipien der Gestaltung klimaresilienter Städte ein.

Wie die Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels konkret aussehen können, zeigt die Stadt Ormoc. In der Hafenstadt der Provinz Leyte wurden die Bürgerinnen und Bürger mittels technischer Design-Charrettes direkt beteiligt. Das Charrette-Verfahren ist eine öffentliche und partizipative Planungsmethode zur Stadt- und Regionalentwicklung. Lokale Planerinnen und Planer entwickelten zusammen mit der Bevölkerung städtebauliche Maßnahmen am Ufer des Malbasag-Flusses und im Stadtteil Can-adieng. Diese umfassen unter anderem lineare Parks und neu gestaltete Freiflächen, die als Überflutungsgebiete dienen sowie für mehr Luftaustausch und eine bessere Temperaturregulierung sorgen sollen. Auch nachhaltige Entwässerungssysteme zur Bewältigung von Starkregenereignissen, naturnahe Dämme und Puffer sowie der Bau widerstandsfähiger Sozialwohnungen wurden durch das Charrette-Verfahren definiert.

Karte

Die Planungen sind beispielhaft, um die Auswirkungen künftiger Extremwetterereignisse auf den Philippinen abzufedern und die Bevölkerung der urbanen Zentren zu schützen. Zugleich verbessern sie die Qualität und Sicherheit der Wasserversorgung, die Mobilität, den Erholungswert, die öffentliche Gesundheit und erhöhen den Bodenwert. Nicht nur die 1.856 direkt betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner profitieren, die Maßnahmen leisten gleichzeitig auch einen Beitrag zur Widerstandsfähigkeit der ganzen Stadt.

Mit Unterstützung des IKI-Vorhabens verbesserte das Ministerium für Wohnen und Nachhaltige Stadtentwicklung ebenso seinen Leitfaden für die Stadtplanung und das Schulungsprogramme für Kommunalverwaltungen. Die Anpassung städtischer Systeme wurde auf verschiedenen Ebenen verankert und reicht vom Bauen vor Ort über die Gestaltung von Stadtvierteln bis hin zur Form und Struktur ganzer Städte. Ein besonderer Fokus liegt auf der vorhandenen blauen und grünen Infrastruktur, also auf den Flüssen und Grünflächen. In die städtischen Bebauungspläne wurden zudem Vorschriften zur Klimaanpassung integriert, um die Umsetzung entsprechender Maßnahmen zu fördern.

Klimarisiken besser bewerten

Die Analyse aktueller und künftiger Klimarisiken wurde im Rahmen des Projekts ebenso verbessert. Das DHSUD aktualisierte und erweiterte hierfür seinen Leitfaden für das von den Kommunalverwaltungen verwendete Instrument zur Klima- und Katastrophenrisikobewertung (Climate and Disaster Risk Assessmnt, CDRA). Als wichtige Ergänzung bezieht das Tool jetzt auch langfristige Klimaveränderungen wie extreme Hitze und den Anstieg des Meeresspiegels ein. Das Zusammenspiel von Gesundheits- und Klimarisiken wird in der verbesserten Version ebenfalls berücksichtigt, da sich das IKI-Projekt seit einiger Zeit auch mit klimabedingten Gesundheits- und Pandemieproblemen befasst.

Der aktualisierte Leitfaden erleichtert die Entscheidungsfindung und die Planung von Klimamaßnahmen und bezieht auch Strategien für einen nachhaltigen Neustart nach der Covid-19-Pandemie ein. Durch die Zusammenarbeit der Fachbehörden unterstützt das verbesserte CDRA-Tool ebenso die Umsetzung der von der Climate Change Commission (CCC) herausgegebenen Rahmenregelung für Nationales Klimarisikomanagement (National Climate Risk Management Frameworks - NCRMF), um eine evidenzbasierte Planung auf lokaler Ebene sicherzustellen.

 

Dieser Beitrag ist Bestandteil des IKI-Jahresberichtes 2020 – Aktiv für den internationalen Klimaschutz. Weitere Informationen finden Sie auf der Sonderseite zum IKI-Jahresbericht 2020.

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