23.02.2023

Die Stadt ist die Lösung

Wie uns urbane Zentren in Brasilien den Weg zum Klimaschutz zeigen.

Haben Sie sich schon einmal eine Stadt in Lateinamerika angesehen und gedacht, dass dies der Lösungsansatz für die Herausforderungen unserer Gesellschaft sein könnte? Wahrscheinlich nicht.

Wir sind es gewohnt, Städte – insbesondere im globalen Süden – als Problemräume mit zu viel Verkehr, unzureichenden städtischen Dienstleistungen, Armut und einem hohen Maß an Ungleichheit sowie fehlender öffentlicher Sicherheit zu betrachten. Aber Städte haben das Potenzial dazu, so viel mehr zu sein. Das Projekt „Unterstützung der nationalen Agenda für nachhaltige urbane Entwicklung in Brasilien (ANDUS)“ der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) hat sich zum Ziel gesetzt, diese Chancen, die Städte bieten, im Kampf gegen den Klimawandel zu identifizieren und zu realisieren. 

Städtische Gegebenheiten verstehen

Nubia Lima, die Bürgermeisterin der kleinen Stadt Amajari im Norden des brasilianischen Bundesstaats Roraima, brachte es anlässlich einer Veranstaltung zur Vorstellung der Projektergebnisse auf den Punkt: Ihre Stadt und ihre Lebenswelten seien nun endlich sichtbar geworden. Endlich hätte man bei der nationalen Stadtpolitik erkannt, dass Brasilien mehr sei als São Paulo und Rio de Janeiro, und würde nach lokalen Antworten suchen. Sie fügte hinzu, dass das von Frauen geleitete Team aus Amajari an einem Mentoren- und kollegialem Lernprogramm zu naturbasierten Lösungsansätzen und zur Landregulierung für Städte teilgenommen habe. Mit Unterstützung durch das IKI-Projekt habe es das erste System zur Abwasserbehandlung und zum Entwässerungsmanagement durchgeführt.

Anschließend tauschte das Team seine Erfahrungen mit den anderen 15 Gemeinden des Bundesstaats im Amazonasgebiet aus, und Roraima wurde zu einer Referenz für andere kleine und mittlere Städte im Norden des Landes. Gerade hier fehlt es an öffentlichen Fördermitteln und lokalen Kapazitäten. 

Individuelle Lösungsansätze und einzelne Projekte sind zwar wichtig, reichen aber nicht aus, um in einem Land, das so groß und vielfältig ist wie Brasilien, etwas zu verändern. Daher war es so wichtig, eine Brücke zur nationalen Politik und deren Instrumenten zu schlagen. Im Verlauf des Projekts wurden erstmals Richtlinien und konkrete Vorschläge, wie die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und seine Eindämmung verbessert werden könnten, in das nationale Handbuch für strategische Stadtplanung (Plano Diretor) aufgenommen. Dieses Handbuch stellt das Ministerium für Städte allen brasilianischen Gemeinden zur Verfügung. Das Plano Diretor ist das wichtigste Instrument für Städte, um ihre Landnutzung festzulegen sowie strategische Projekte vorzubereiten und ihre jährlichen Haushaltsmittel danach auszurichten. 

Die Städte Rio de Janeiro und Sobral (im nordöstlichen Bundesstaat Ceará) haben die neu entwickelte Methodik sofort angewandt, um den partizipativen Planungsprozess zur Überarbeitung ihres Plano Diretor zu vereinfachen. Die überarbeitete Version enthält neue Zielsetzungen zur Bekämpfung des Klimawandels, wie zum Beispiel ein emissionsarmes Viertel im Stadtzentrum von Rio de Janeiro.

Die nationale Politik beeinflussen 

Der Dialog zwischen der nationalen, bundesstaatlichen und den lokalen Verwaltungen ist der Schlüssel, um eine erfolgreiche städtische Klimapolitik für Brasilien zu entwickeln. Die Regierung des Landes ist in Form eines föderalen Verwaltungssystems strukturiert. Dieses System gibt den Städten die Unabhängigkeit, ihre eigenen Gesetze zu formulieren, ihre eigenen Steuern zu erheben und ihre eigene Stadtpolitik zu gestalten. Die Städte profitieren von dieser Unabhängigkeit, die ihnen die Möglichkeit gibt, auf ihre eigenen lokalen Realitäten zu reagieren. In der Durchführung des Projekts hat sich jedoch gezeigt, wie wichtig eine klare Anleitung auf nationaler Ebene ist. Dies gilt insbesondere für neu aufkommende Themen wie Klimawandel und digitale Transformation. Das entscheidende Kriterium, wenn es darum geht, sinnvolle Agenden, Programme und Richtlinien auf nationaler Ebene zu entwickeln, ist der Entwurf für den Prozess. Daher ist es dem ANDUS-Projekt nicht nur gelungen, die Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels in die nationale Stadtentwicklungspolitik und die brasilianische Smart-City-Charta aufzunehmen, sondern auch, die Prozesse, wie solche Richtlinien formuliert werden, zu erneuern.

In zwei großen nationalen Prozessen nahmen mehr als 1500 Vertreterinnen und Vertreter aus über 200 Gemeinden, von akademischen Institutionen, aus dem privaten Sektor sowie der nationalen und bundesstaatlichen Verwaltung und der Zivilgesellschaft an digitalen und analogen Veranstaltungen teil. Im Rahmen dieser Veranstaltung sollten gemeinsame Agenden festgelegt werden. Das Ergebnis sind Brasiliens Ziele für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Drei dieser Ziele beziehen sich ausdrücklich auf den Klimawandel. In einem nächsten Schritt werden diese Ziele in ein neues nationales Gesetz zur Stadtentwicklung übertragen.

Die Zusammenarbeit fördern

Das Ministerium für Städte und die Verantwortlichen des IKI-Projekts haben anschließend gemeinsam mit der Vereinigung brasilianischer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister (Frente Nacional de Prefeitos) und dem Bündnis aus verschiedenen brasilianischen Sozialstiftungen die Ergebnisse aus dieser Erfahrung weiterentwickelt. Herausgekommen ist das Nationale Netzwerk für nachhaltige Stadtentwicklung (ReDUS). ReDUS bietet Organisationen und Einzelpersonen eine Online-Plattform, um verschiedene kollaborative Prozesse, die die Nachhaltigkeit in Städten fördern, zu entwickeln und daran teilzuhaben. 

Diese Plattform hat sich für die Gemeinden zu einem sehr wichtigen Instrument entwickelt, um mehr über ihre Klimaagenda zu erfahren und diese zu fördern. Dies ist besonders entscheidend vor dem Hintergrund, dass andere Unterstützungsmechanismen durch die nationale Regierung, vor allem durch das Umweltministerium, in den letzten vier Jahren aufgrund von unterschiedlichen politischen Prioritäten eingestellt wurden. An der ReDUS-Plattform beteiligen sich bereits Einzelpersonen und Institutionen aus allen 27 Bundesstaaten, aus 335 Städten und 1097 Organisationen.

Der Lösungsansatz des ANDUS-Projekts konzentriert sich darauf, die Zusammenarbeit zwischen den Städten und den nationalen und lokalen Verwaltungen zu erleichtern, damit diese voneinander lernen können, wie sich der Klimaschutz in Städten fördern lässt. Denn die nachhaltige Stadtentwicklung stellt eine kollektive Verantwortung dar und geeignete Lösungen vor Ort können auch nur von den Menschen vor Ort entwickelt werden. 

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Kontakt

IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

IKI Brown Bag Lunch

Das IKI-Projekt ANDUS hat seine Projektarbeit im Rahmen eines IKI Brown Bag Lunches vorgestellt. 

Hier finden Sie die Präsentation

Videos zum Projekt

Video Thumbnail "Mulheres Negras pelo Clima"

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Thumbnail Video A cidade é a solução

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