07.04.2021

Gelingt der Welt das „Building back better“?

Windanlage
Im Rahmen eines nachhaltigen Neustarts spielen erneuerbare Energien eine wichtige Rolle. Foto: Phillip Bittner

Das Global Recovery Observatory beleuchtet die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Ausgaben von Ländern als Reaktion auf die Pandemie.

Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise haben Regierungen und nichtstaatliche Akteure auf der ganzen Welt einen nachhaltigen Neustart, eine sogenannte Green Recovery, nach COVID-19 gefordert. Gemeint ist ein Aufschwung, bei dem nicht in umweltschädliche Sektoren investiert wird, sondern der stattdessen die Nachhaltigkeit fördert. Aber, gelingt es uns wirklich „building back better“, also besser zurückzukommen? Im März 2021 haben die Oxford Smith School of Enterprise and the Environment und UNEP offiziell ein Instrument vorgestellt, das uns helfen soll, den Überblick zu behalten.

Das Global Recovery Observatory macht staatliche Ausgaben als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie durch systematische Bewertung ihrer ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen transparent. „Dieses Observatory soll den Menschen helfen, ihre Regierungen zur Verantwortung zu ziehen“, erklärte Brian O‘Callaghan, Leiter des Economic Recovery Project an der Universität Oxford, anlässlich der Auftaktveranstaltung, an der unter anderem die Leitenden vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie Svenja Schulze, die Bundesumweltministerin, teilnahmen.

Aufbauend auf einem Rahmenwerk aus einer Studie der Oxford Smith School vom Mai 2020, bewertet das Observatory zunächst die Auswirkung von mehr als 3.500 einzelnen Maßnahmen von 50 führenden Volkswirtschaften (bis März 2021) im Vergleich zu einem Szenario, in dem keine Eingriffe erfolgen. Da alle Mitgliedsländer der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (UN ECLAC) und der UN-Initiative Partnership for Action on Green Economy (UN PAGE) beitreten werden, wird das Observatory laut O‘Callaghan bis Ende März voraussichtlich 89 Länder umfassen. Die politischen Maßnahmen und die jeweiligen Bewertungen werden wöchentlich aktualisiert.

Obwohl es bereits eine Reihe vergleichbarer Instrumente gibt, will das Observatory einen neuen Standard setzen. Zu diesem Zweck stellt es einen umfangreicheren Datensatz und eine detailliertere Bewertung staatlicher Ausgaben auf der Grundlage eines umfassenden Rahmenwerks bereit, das über die Umweltauswirkungen hinausgeht und auch wirtschaftliche Faktoren (dazu gehören auch Multiplikatoreffekte und die Geschwindigkeit der Umsetzung) und soziale Faktoren (Wohlstand, Ungleichheit, Lebensqualität, ländliche Lebensgrundlagen) berücksichtigt. Um die Umweltauswirkungen von Maßnahmen zu bewerten, berücksichtigt das Observatory nicht nur die Klimafolgen durch Treibhausgasemissionen, sondern auch Luftverschmutzung und Naturkapital, und stellt so eine Verbindung zu breiteren Themengebieten wie Kreislaufwirtschaft und grüner Wirtschaft her. Die Bewertung von Treibhausgasemissionen beinhalten eine zeitliche Komponente. So erhalten Nutzer die Möglichkeit, die Ergebnisse nach kurz- und langfristigen Auswirkungen zu filtern.

Zu wenig grüne Ausgaben für einen nachhaligen Neustart

Die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass die „Staatsausgaben bisher nicht das Versprechen eines grünen Aufschwungs erfüllt haben", so O'Callaghan. Von den bisher ausgegebenen 14,6 Billionen US-Dollar ist der größte Teil in kurzfristige Rettungsmaßnahmen geflossen, während langfristige Erholungsmaßnahmen nur 1,9 Billionen ausmachen. Und von den letzteren können laut dem ersten Bericht des Oberservatory lediglich 18 Prozent als „grün“ bezeichnet werden. „Dieses Instrument ist unverzichtbar, weil es zeigt, dass wir den Klimawandel stärker in unsere Bewertungen zur Stabilität der Wirtschaft einbeziehen müssen“, erklärte Kristalina Georgieva, geschäftsführende Direktorin des IWF, die beabsichtigt, die Erkenntnisse des Observatory in die zukünftigen Artikel-IV-Konsultationen des IWF aufzunehmen.

Was die potenzielle Nutzung des Observatory angeht, so bietet es mehr, als nur auf verpasste Gelegenheiten für nachhaltige Ausgaben hinzuweisen. „Das Global Recovery Observatory ermöglicht es uns zu sehen, wie andere Länder auf die Pandemie reagieren und bietet uns so eine Auswahl an Optionen", betonte Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UNEP. Aufbauend auf dem Gedanken, dass das Instrument eine empirische Grundlage für die Verfolgung eines grünen Aufschwungs bietet, betonte Bundesumweltministerin Svenja Schulze, dass das Instrument als Beweis dafür dient, dass Investitionen in Umwelt und Wirtschaftswachstum nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern aufeinander abgestimmt sind. Brian O’Callaghan, der die Forschung hinter den Daten leitet, unterstützte das Argument der Ministerin und erklärte: „Es spielt keine Rolle, ob man an den Klimawandel glaubt oder nicht. Das wirtschaftliche Argument für umweltfreundliche Ausgaben ist beeindruckend."

Die Daten unterstreichen auch die Tatsache, dass die Pandemie die globalen Ungleichheiten weiter zu vergrößern droht. Bis heute sind die Pro-Kopf-Ausgaben in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften 17 Mal so hoch wie in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Laut O'Callaghan sollten diese Erkenntnisse die fortgeschrittenen Volkswirtschaften dazu veranlassen, sich zu engagieren und großzügige Unterstützung zu leisten. Auch Ministerin Schulze betonte die Bedeutung multilateralen Handelns, da die COVID-19-Pandemie die Schwächsten am härtesten träfe. Um dies zu überwinden, müsse gemeinsam gehandelt werden.

Über das Global Recovery Observatory

Das Global Recovery Observatory ist eine gemeinsame Initiative des Economic Recovery Project der Universität Oxford (OUERP) und des Green Fiscal Policy Network (GFPN). Das OUERP ist an der Smith School of Enterprise and the Environment angesiedelt und wird von der Children's Investment Fund Foundation (CIFF) und der ClimateWorks Foundation unterstützt. Das Green Fiscal Policy Network ist eine Partnerschaft zwischen UNEP, IWF und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur Förderung des Wissensaustauschs und des Dialogs über grüne finanzpolitische Maßnahmen. Das Global Recovery Observatory wird von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) über das Projekt „Green Economy Transformation in Cooperation with the Partnership for Action on Green Economy (PAGE) – Synergien zwischen Niedrigemissionspfaden und nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG)" unterstützt. Die Datenvisualisierungen für das Observatory werden vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Natione (UNDP) entwickelt und auf den Webseiten des OUERP und GFPN sowie auf der COVID-19 Data Futures Plattform der UNDP vorgestellt.

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