Nachhaltige Finanzierung: Chinesische und deutsche Fachleute im Dialog
Mit einer Auftaktveranstaltung startete eine Workshopreihe, die von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) unterstützt wird.
Im März 2024 diskutierten mehr als 40 Fachleute und Entscheidungsträger aus China und Deutschland über technische Lösungsansätze, mit denen die Finanzströme mit einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang gebrachten werden können.
An der Veranstaltung nahmen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von Finanzaufsichtsbehörden, Handels- und Entwicklungsbanken, Ratingagenturen, Hochschulen, globalen Initiativen und Think Tanks teil. Der Workshop war in drei thematische Sitzungen untergliedert, die sich jeweils mit den politischen Perspektiven und der Marktentwicklung insgesamt, einer grünen und nachhaltigen Taxonomie für den Finanzsektor sowie der Offenlegung im Bereich der Nachhaltigkeit befassten.
Diese Auftaktveranstaltung markierte den Beginn einer Reihe von Workshops, die für 2024 geplant sind. Die Workshops werden vom Institute of Finance and Sustainability (IFS) und Climate & Company, einem Think Tank für nachhaltige Finanzen, veranstaltet. Ziel ist es, den Austausch von Erkenntnissen und das kollegiale Lernen zu verschiedenen Anlageklassen nachhaltiger Finanzprodukte in der Europäischen Union sowie auf dem deutschen und chinesischen Markt zu erleichtern. Unterstützt werden die Workshops vom IKI-Projekt „Chinesisch-Deutsche Kooperation zu Klimawandel – Klimapartnerschaft“. Die kommenden Workshops werden sich auf fremdkapital- und eigenkapitalbasierte Produkte, Versicherungen und FinTech konzentrieren.
Die Themen der Auftaktveranstaltung
Dr. Ma Jun, der Präsident des Institute of Finance and Sustainability, einer gemeinnützigen Forschungseinrichtung mit Sitz in Peking, gab Einblicke in nationale und internationale Fortschritte im Bereich der nachhaltigen Finanzierung. Er ging insbesondere auf die Leistung Chinas bei der Entwicklung des weltweit größten Marktes für grüne Kredite und grüne Anleihen in den vergangenen zehn Jahren ein. Trotz dieser Fortschritte bleiben noch viele Herausforderungen bestehen. Dazu zählt die landesweite Umsetzung der Taxonomie für den Wandel, die Entwicklung von Instrumenten für die Risikoanalyse und ESG-Produkten (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) für die Vermögensverwaltungsbranche.
Im Anschluss an Dr. Ma Jun sprach der Vertreter der chinesischen Zentralbank über die neuesten politischen Entwicklungen und die Dynamik des Marktes in China. In Bezug auf grüne Finanzprodukte hat der Bestand an grünen Krediten in lokaler und ausländischer Währung bis Ende des Jahres 2023 ein Gesamtvolumen von 30 Billionen Yuan (3,83 Billionen EUR) erreicht. Das entspricht einem Anstieg von 36,5 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Geschäftsjahr. Grüne Kredite mit direkten und indirekten Anreizen zur Reduzierung von Kohlenstoff machen nahezu zwei Drittel aller grünen Kredite aus, die von Finanzinstitutionen in China vergeben werden. Auch am Markt für grüne Anleihen nimmt der Bestand zu. Darüber hinaus gibt es einige innovative Finanzprodukte, wie zum Beispiel mit der nachhaltigen Entwicklung verbundene Produkte, Aktienfonds, Versicherungsprodukte und Produkte mit Schwerpunkt auf Kohlenstoffemissionen.
Die Vertreterinnen und Vertreter von in Europa ansässigen Organisationen, darunter der Mitbegründer und CEO von Climate & Company, Ingmar Jürgens, sprachen während des Workshops darüber, dass der Regulierungsrahmen der EU derzeit der umfassendste weltweit sei und sich beständig weiterentwickelt. Auch im Bereich FinTech sind signifikante Entwicklungen zu verzeichnen, vor allem rund um die ESG-orientierten Unternehmen. Für die Offenlegung und das Berichtswesen setzen Finanzinstitute in ihren Prozessen zur Datenerhebung immer häufiger künstliche Intelligenz (KI) ein. Neu aufkommende Trends sind insbesondere in den Bereichen Finanzierung der Biodiversität, Finanzierung von Landschaften, nachhaltige wirkungsorientierte Investitionen und Finanzierung des nachhaltigen Wandels festzustellen. Diese stellen Herausforderungen, aber auch Chancen für Finanzinstitute dar. Die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen entwickeln sich sowohl auf der Ebene der Europäischen Union als auch in Deutschland rasant weiter, und zielen auf eine Harmonisierung und Vereinfachung nachhaltiger Finanzpraktiken ab.
Anlässlich der Veranstaltung wurde auch über die Anwendung und weitere Förderung der Common Ground Taxonomie (CGT) der EU und China gesprochen. Bislang hat die CGT zur Kennzeichnung von 221 grünen Anleihen geführt, das sind 22 Prozent des Gesamtbestands an grünen Anleihen in China. Bei der Kennzeichnung wurden einige Herausforderungen identifiziert. Eines der wesentlichen Probleme ist der begrenzte Anteil ausländischer Institutionen, die aufgrund uneinheitlicher grüner Standards und eines geringen Grads an Interoperabilität in chinesische grüne Anleihen investieren. Derzeit arbeitet die Taxonomie-Gruppe an der zweiten Phase der Internationalen Plattform für nachhaltige Finanzen (IPSF), die sich darauf konzentriert, den Vergleich zu anderen Rechtsordnungen auszuweiten, die aktuelle Methodik zu optimieren und Veranstaltungen zum Wissensaustausch über die CGT durchzuführen.
Weitere Diskussionen im Rahmen des Workshops drehten sich um die Trends zur breiteren Nutzung von globalen Standards und die Notwendigkeit, die Interoperabilität von Standards zu gewährleisten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gingen auch auf die Debatte der G20 (informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten, der Europäischen Union und der Afrikanischen Union) über die Verabschiedung von Offenlegungspflichten zur Nachhaltigkeit ein. Es wurde festgestellt, dass einige Länder zwar damit begonnen haben, größere Unternehmen zur Übernahme dieser Standards zu verpflichten, Schwellenländer jedoch insbesondere Bedenken hinsichtlich kleiner und mittlerer Unternehmen geäußert haben, in denen die Ressourcen für eine solche Offenlegung möglicherweise nicht so leicht verfügbar sind. Zudem sehen sich Unternehmen mit einer Informationsüberflutung konfrontiert, da die verschiedenen Offenlegungsstandards uneinheitlich sind. Eine Angleichung dieser Standards wird die Integrität des Marktes und das Vertrauen der Investorinnen und Investoren stärken.
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