05.10.2022

Ägypten weitet Maßnahmen zur Anpassung seines Landwirtschaftssektors an den Klimawandel aus

Ein Arbeiter in Ägypten lädt Tomaten auf einen LKW.
Die Landwirtschaft bildet einen der Eckpfeiler der ägyptischen Volkswirtschaft.

Ihre Exzellenz Dr. Yasmine Fouad, Umweltministerin von Ägypten, spricht über die Rolle des von der IKI geförderten SCALA-Programms in Ägypten.

Ägypten liegt in einer der wasserärmsten Regionen der Welt, und ist daher in hohem Maße anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels. Laut dem IPCC (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) gilt Ägypten, die Heimat des Nils, als eines der drei am stärksten gefährdeten Megadeltas, die bis 2050 direkt vom Klimawandel betroffen sein werden. Nahezu drei Fünftel der Nahrungsmittel Ägyptens werden auf den landwirtschaftlichen Flächen im Delta erzeugt.

Die Landwirtschaft bildet einen der Eckpfeiler der ägyptischen Volkswirtschaft. Ihr Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 11,4 Prozent und sie stellt bis zu 23,3 Prozent der Arbeitsplätze. Zu den wichtigsten Agrarrohstoffen zählen Reis, Weizen, Mais, Baumwolle, Zuckerrohr und Kulturen wie Gemüse, Früchte und Datteln.

Ägyptens Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen beträgt lediglich 0,61 Prozent. Dennoch wird sich der Klimawandel auch hier weiter negativ auf die landwirtschaftliche Produktion und Produktivität auswirken, die Wasserknappheit verschärfen und in der Folge zu anfälligen Nahrungsmittelketten führen.

Die ägyptische Regierung arbeitet eng mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sowie dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) zusammen. Gemeinsames Ziel ist die Beschleunigung von Lösungen für den Klimaschutz in den anfälligsten Sektoren. Dies erfolgt über das SCALA Programm (Scaling up Climate Ambition on Land Use and Agriculture through Nationally Determined Contributions and National Adaptation Plans). SCALA wird von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) Deutschlands gefördert. Das Programm wurde Ende Mai 2022 offiziell mit einem Einführungsworkshop gestartet, bei dem Vertreterinnen und Vertreter der wichtigsten Interessengruppen über die im Rahmen von SCALA umzusetzenden Aktivitäten und die Ziele des Programms diskutierten.

Die Verantwortlichen des SCALA-Programms nutzten die Gelegenheit, um mit Ihrer Exzellenz Dr. Yasmine Fouad, Umweltministerin von Ägypten, über die nationalen Prioritäten und Möglichkeiten zu sprechen. In dem Interview geht es vor allem darum, wie das Land seine Klimaschutzambitionen verstärken kann. Ihre Exzellenz Dr. Yasmine Fouad beleuchtete auch die Pläne für das Programm im Verlauf seiner Umsetzung.

***

SCALA: Worin sehen Sie die wichtigsten Hindernisse, die es beim Erreichen der Anpassungs- und Minderungsziele in Ägypten zu überwinden gilt?

Dr. Yasmine Fouad: Trotz der konsequenten Bemühungen, die institutionellen Vorgaben für die Bekämpfung des Klimawandels in der Landwirtschaft zu verbessern, gibt es noch einige Herausforderungen in Ägypten. Die Haupthindernisse sind begrenzte und unzureichende Finanzressourcen aus den Industrieländern und von privaten Unternehmen. Es gilt, ein günstiges Umfeld zu schaffen, um einen Teil des Staatshaushalts für die Bemühungen um die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und seiner Eindämmung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus gibt es nur unzureichend verfügbare und genaue Daten, und die institutionelle Kapazität für eine optimale Klimaschutzplanung durch effektive sektorübergreifende Zusammenarbeit ist begrenzt. Der fehlende Technologietransfer ist eine weitere wichtige Herausforderung, die wir bewältigen müssen.

SCALA: Was sind einige der wichtigsten Prioritäten in der Landwirtschaft und Landnutzung, die im national bestimmten Klimaschutzbeitrag (NDC) Ihres Landes angesprochen werden?

Dr. Yasmine Fouad: Wie in unserem national bestimmten Klimaschutzbeitrag (NDC) kommuniziert, beabsichtigt Ägypten, sich auf landwirtschaftliche Betriebsmittel und Erzeugung zu konzentrieren, die moderne Oberflächenbewässerungstechniken nutzen. Dies wird dazu beitragen, die Effizienz der derzeitigen Wassernutzung in der Landwirtschaft zu steigern.  Auch die Anbaumuster werden sich ändern müssen – hin zu toleranteren Nutzpflanzen und einer besseren Bodenpflege. Wir müssen die Biodiversität im Hinblick auf strategisch wichtige Kulturpflanzen und Nutztierarten mit neuen Eigenschaften, die sie toleranter gegenüber extremen Wetterereignissen machen, erweitern. Eine weitere wichtige Priorität wird die Einrichtung eines Frühwarnsystems sein, um Daten auf nationaler Ebene zu verbreiten und Informationen auf regionaler Ebene auszutauschen. Wir betonen in unserem NDC auch die Notwendigkeit, Kapazitäten aufzubauen und nationale Partnerschaften zu verstärken, um klimabedingten Risiken und Katastrophen wirksam begegnen zu können.

SCALA: Wo sehen Sie den Beitrag des Privatsektors, wenn Sie die wichtigsten Prioritäten, die Sie für die Landwirtschaft und Landnutzung ermittelt haben, zugrunde legen?

Dr. Yasmine Fouad: Der private Sektor gilt für den Großteil der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette in Ägypten als wichtigster Akteur. Die Akteurinnen und Akteure im privaten Sektor können eine wichtigere Rolle einnehmen, wenn es um die Bereitstellung von Mitteln, Innovationen und eine stärkere Vernetzung des Marktes geht. Darüber hinaus können sie klimafreundliche Waren und Dienstleistungen anbieten. Der private Sektor kann auch den Zugang von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu innovativen Lösungen und landwirtschaftlichen Betriebsmitteln verbessern, und damit eine nachhaltige Existenzgrundlage und sichere Einkommen fördern. Um die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimafesten Landwirtschaft zu ermöglichen, gilt es, die Anstrengungen für eine stärkere Einbindung des Privatsektors in die Klimaschutzpläne und -maßnahmen zu erhöhen.

SCALA: Welchen Mehrwert schafft das SCALA-Programm Ihrer Meinung nach bei der Überwindung dieser Hindernisse?

Dr. Yasmine Fouad: Das SCALA-Programm in Ägypten soll dazu beitragen, die in unseren Klimaschutzplänen verankerten Prioritäten für die Landwirtschaft und Landnutzung zu implementieren. Diese werden in die Umsetzung des Nationalen Anpassungsplans (NAP) und des NDC-Prozesses in die Sektorenplanung und -budgetierung integriert. Im Rahmen des SCALA-Programms werden die institutionellen und technischen Kapazitäten für die Planung im Hinblick auf den Klimawandel verbessert sowie die Klimaschutzmaßnahmen Ägyptens bis 2030 verstärkt. Damit unterstützt das Programm die Bewertung von Klimarisiken und Anfälligkeiten, und leistet einen Beitrag zur Optimierung der Klimafestigkeit von Nahrungsmittelketten in den verschiedensten landwirtschaftlichen Teilsektoren (Viehzucht, Gartenbau, Ackerkulturen und Pflanzenbau). Darüber hinaus bietet das SCALA-Programm die Möglichkeit, die vielen verschiedenen Interessengruppen (aus dem Privatsektor, Forschungseinrichtungen, der Zivilgesellschaft etc.) stärker einzubinden und strategische Partnerschaften mit anderen internationalen Organisationen, die in diesen Bereichen tätig sind, zu fördern.

***

Dr. Yasmine Fouad wird den Vorsitz bei der UN-Klimakonferenz 2022 in Sharm el-Sheikh übernehmen.

Mit der Vorlage seines kürzlich aktualisierten NDC bei der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) im Juni 2022, hat Ägypten eine starke Verpflichtung gegenüber der globalen Klimaschutzagenda sowie seine Absicht, ein Rahmenwerk für einen nationalen Anpassungsplan (NAP) zu erstellen, bekundet. Der NAP soll die Klimafestigkeit in allen Wirtschaftssektoren, einschließlich der Landwirtschaft, erhöhen. Das SCALA-Programm wird zu dem von der UNDP unterstützten und vom Grünen Klimafonds geförderten NAP-Bereitschaftsprojekt, dem Prozess der nationalen Anpassungspläne Ägyptens, beitragen. Während sich das Land darauf vorbereitet, die COP27 in Sharm El Sheikh im November 2022 auszurichten, ebnet SCALA Ägypten den Weg, den Klimaschutz an oberster Stelle der globalen Agenda zu halten. Das Programm wird auch die langfristigen Ziele des Landes unterstützen, die Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel zu verringern und seine Landwirtschaft und Landnutzung klimafest zu gestalten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf den SCALA-Webseiten von FAO und UNDP.

Der Link wurde in die Zwischenablage kopiert

Kontakt

IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

Videos zum Projekt

Diese Inhalte können nicht angezeigt werden, da die Marketing-Cookies abgelehnt wurden. Klicken Sie hier , um die Cookies zu akzeptieren und das Video anzuzeigen!

Video Thumbnail Fielt Trips to IKI projects in Costa Rica

Diese Inhalte können nicht angezeigt werden, da die Marketing-Cookies abgelehnt wurden. Klicken Sie hier , um die Cookies zu akzeptieren und das Video anzuzeigen!

Thumbnail SCALA Three Countries leading in gender-inclusive climate action

Diese Inhalte können nicht angezeigt werden, da die Marketing-Cookies abgelehnt wurden. Klicken Sie hier , um die Cookies zu akzeptieren und das Video anzuzeigen!

Meldungen zum Projekt

Bild zwei Jurten im Schnee Projektbeispiel
28.02.2024

Die IKI unterstützt die Umsetzung des nationalen Klimaschutzbeitrags in der Mongolei

weiterlesen
09.06.2023

Die NAP Expo 2023: Beschleunigung von Klimaschutz- und Anpassungsstrategien

weiterlesen
25.04.2023

Team aus der Mongolei gewinnt Klimaschutz-Hackathon

weiterlesen
Dr. Sarah Akello
24.11.2022

„Lokale Probleme löst man am besten mit lokalen Ansätzen“

weiterlesen
12.08.2022

Unternehmensplanung und nationalen Klimaplänen in Einklang bringen

weiterlesen
19.07.2021

Gemeinsam die Landwirschaft klimaresilient machen

weiterlesen
Felder
18.05.2021

Blockchain für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft

weiterlesen
12.05.2021

Die Landwirtschaft ist weiblich!

weiterlesen