Klimarisiken in China angehen: Risikobewertungen und Frühwarnsysteme
Die von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) unterstützte Deutsch-Chinesische Klimapartnerschaft verstärkt die Zusammenarbeit in einer Reihe von Klimafragen, darunter auch das Klimarisikomanagement.
Im Jahr 2024 erlebte China das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und sah sich mit einer alarmierenden Zunahme extremer Wetterereignisse wie Hitzewellen, Starkregen und Taifunen konfrontiert. Die Auswirkungen des Klimawandels beschleunigen sich weltweit. Daher stehen die Länder unter zunehmendem Druck, ihre Fähigkeit, klimabedingte Risiken zu antizipieren, zu bewerten und auf diese Risiken zu reagieren, zu verstärken. Bewertungen von Klimarisiken und Frühwarnsysteme sind dabei unverzichtbare Instrumente – sie ermöglichen es Regierungen, besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen, wirtschaftliche Verluste zu reduzieren und politische Maßnahmen zur Anpassung wirksam zu steuern.
Kooperation und Wissensaustausch
China hat bemerkenswerte Fortschritte bei der Entwicklung eines umfassenden und wissenschaftlich fundierten Lösungsansatzes zur Bewertung von und Frühwarnung vor Klimarisiken erzielt. Dieser Lösungsansatz wird durch die nationale Forschungsinfrastruktur und fortschrittliche meteorologische Technologien unterstützt. Dennoch bleiben die internationale Zusammenarbeit und der Wissensaustausch angesichts des zunehmenden Ausmaßes und der wachsenden Komplexität der Klimarisiken entscheidende Treiber für Innovationen und Verbesserungen. Der Austausch zwischen internationalen Expertinnen und Experten sowie Partnerinnen und Partnern bietet Möglichkeiten, voneinander zu lernen und verstärkt die technischen Kapazitäten. Er ermöglicht eine Angleichung von Methoden an global bewährte Verfahren und fördert eine politisch relevante Forschung, deren Erkenntnisse in die Prozesse zur Entscheidungsfindung einfließen.
Sowohl Deutschland als auch China arbeiten eng mit Entwicklungsländern zusammen, um deren Kapazitäten zur Anpassung an den Klimawandel zu verbessern. Im Rahmen der 29. Weltklimakonferenz (COP29) stellte Ding Xuexiang, der stellvertretende Ministerpräsident Chinas und Sonderbeauftragte des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, den „Aktionsplan Chinas zur Frühwarnung für die Klimaanpassung (2025-2027)“. Dieser Aktionsplan soll die Frühwarnkapazitäten in den Ländern des globalen Südens verbessern.
Eine Plattform für den deutsch-chinesischen Austausch
Im Juli dieses Jahres wurde in Peking erfolgreich der Workshop 'Schulung zur Bewertung von und Frühwarnung vor Klimarisiken' durchgeführt. Er diente als Plattform, um die deutsch-chinesische Kooperation bei der Bewältigung von Klimarisiken voranzubringen. Die Veranstaltung, die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gemeinsam mit der Chinesischen Forschungsakademie für Umweltwissenschaften (CRAES) ausgerichtet wurde, brachte mehr als 400 Teilnehmende aus Wissenschaft und Politik sowie technische Expertinnen und Experten aus beiden Ländern zusammen.
Der Workshop beinhaltete intensive Schulungen und einen kollaborativen Dialog zur Klimamodellierung, Risikobewertung und zu Frühwarnsystemen. Die Präsentationen spiegelten eine Mischung aus nationaler Expertise und internationalen Perspektiven wider. Dr. Zhou Tianjun von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften stellte die neuesten Fortschritte in der Klimamodellierung, insbesondere die Phase 6 des Coupled Model Intercomparison Projekts (CMIP6), eines internationalen Forschungsprojekts zum Vergleich und zur Koordinierung verschiedener Klimamodelle, sowie deren Anwendungen für wissenschaftlich fundierte politische Maßnahmen vor. Professor Kai Kornhuber vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) stellte einen Rahmen für die Bewertung von Klimarisiken vor und veranschaulichte anhand von Extremhitzeereignissen das Zusammenspiel von Exposition, Sensitivität und Anpassungsfähigkeit. Durch die Kombination von Spitzenforschung und angewandten Instrumenten stärkte der Workshop die technischen Kapazitäten auf beiden Seiten und unterstrich den Wert des internationalen Austauschs für die Entwicklung widerstandsfähigerer Klimastrategien.
Yin Yizhou, die stellvertretende Direktorin der chinesischen Behörde für Meteorologie (CMA), stellte Innovationen im Bereich der Frühwarnsysteme vor und ging dabei insbesondere auf das Modell „Klima + Industrie“ ein, das sektorspezifische Vorhersagen in die nationalen Vorsorgemaßnahmen integriert. China konnte die Zahl der Todesfälle durch meteorologische Katastrophen um etwa die Hälfte auf 573 Todesfälle pro Jahr im Jahr 2023 reduzieren, gegenüber 1000 bis 2000 Todesfällen nur ein Jahrzehnt zuvor, trotz der Tendenz zu immer häufiger auftretenden und schwereren Katastrophen.
Von Modellen zu Maßnahmen
Chinas Fortschritte in der Bewertung von Klimarisiken spiegeln sich in der Entwicklung von zunehmend integrierten Frühwarnsystemen und fortschrittlichen Klimamodellen wider. Institutionen wie die CRAES und die CMA sind beim Aufbau von fortschrittlichen Systemen zur Modellierung von Risiken und zur Frühwarnung mit eingebunden. Die Beispiele aus China veranschaulichen sowohl die Notwendigkeit für einen solchen integrierten Lösungsansatz als seine Vorteile. Im Jahr 2023 lösten heftige Regenfälle in Peking und dem nahe gelegenen Hebei eine Regenwarnung der Stufe Rot aus. Dies führte zur Evakuierung von rund 840.000 Menschen und zur Einrichtung von sieben Hochwasserrückhaltezonen – ein Beleg für die Intensität extremer Wetterereignisse, aber auch für die Reaktionsfähigkeit des Systems. Ähnlich verhielt es sich bei der Hochwassersaison 2024 in China, in deren Verlauf 25 schwere Überschwemmungen auftraten. Über 5.000 Wasserreservoirs wurden aktiviert und genutzt sowie rund 99 Milliarden Liter Hochwasser umgeleitet. Diese Maßnahme wurde von den nationalen Behörden für Meteorologie und Wasserressourcen koordiniert.
Im Juli 2023 erlebten Peking und das benachbarte Hebei eine Rekordhitze und -luftfeuchtigkeit. Die Provinzhauptstadt von Zhejiang, Hangzhou, verzeichnete am 3. August 2024 eine Rekordtemperatur von 41,9 Grad Celsius, nachdem sie den heißesten Juli der jüngeren Geschichte erlebt hatte. Die Frühwarnsysteme der CMA gaben eine Warnung der Stufe Rot wegen Hitzestress heraus – die höchste Stufe im vierstufigen Wetterwarnsystem Chinas. Dies löste Notfallmaßnahmen für das gesamte Stadtgebiet aus, und gefährdete Bevölkerungsgruppen wurden angewiesen, in ihren Häusern zu bleiben. Die lokalen Behörden schränkten Arbeiten im Freien ein oder setzten sie aus, und es wurden Baustellen, Kühlzentren und Trinkwasserstationen eingerichtet.
Diese Stresstests unter realen Bedingungen unterstreichen, warum Fortschritte bei der Risikobewertung und Frühwarnung von entscheidender Bedeutung sind. Um die Reaktionsfähigkeit auf Hitzestress zu verbessern, wird derzeit eine neue deutsch-chinesische Gemeinschaftsstudie zu den Risiken extremer Hitze und ihren Auswirkungen auf die Region Peking-Tianjin-Hebei durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie werden die Risiken extremer Hitze in einer der bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich kritischsten Regionen Chinas umfassend bewertet. Dabei werden Schwachstellen untersucht und wissenschaftliche Modellierungen mit strategischen Empfehlungen für politische Maßnahmen verknüpft. Die von der CRAES durchgeführte und von internationalen Expertinnen und Experten begleitete Studie wird von dem Projekt der Klimapartnerschaft unterstützt, einem langfristigen Kooperationsprojekt der IKI, um einen politischen und technischen Dialog zum Klimaschutz zwischen Deutschland und China zu fördern.
Das Risikomanagement durch Zusammenarbeit voranbringen
China verbessert sein Klimarisikomanagement kontinuierlich durch fortschrittliche Risikobewertungen und Frühwarnsysteme, unterstützt von wissenschaftlichen Institutionen und nationalem Engagement. Diese Verbesserungen ermöglichen zeitnahere und gezieltere Reaktionen auf extreme Wetterereignisse. Sie tragen zum Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen bei und helfen, die Bemühungen zur Anpassung zu steuern.
Internationale Zusammenarbeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Beschleunigung dieser Fortschritte. Die laufende chinesisch-deutsche Klimapartnerschaft ist ein Beispiel dafür, wie geteiltes Fachwissen und gemeinsame Forschung die technischen Kapazitäten verbessern und Strategien aufeinander abstimmen können. Die Fortsetzung der Zusammenarbeit und des Wissensaustauschs wird für Chinas Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und die Unterstützung der globalen Anpassung von entscheidender Bedeutung sein. Zudem unterstreicht sie die Bedeutung kollektiver Maßnahmen bei der Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels.
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