31.08.2021

Wie Städte ihre natürlichen Ressourcen schützen und nutzen

Schulkinder
Bäume, die von Schülerinnen und Schülern gepflanzt wurden, sollen in Zukunft in Moshi, Tansania, die Stadt kühlen. Foto: ICLEI

Fallstudienreihe über den Wert der Natur in Städten, die aufzeigt, warum lokale und regionale Verwaltung für den Schutz entscheidend sind. 

Auf der ganzen Welt erkennen Städte und Regionen den Wert der Natur für das urbane Leben. Diese von „INTERACT-Bio: Integrierte, subnationale Maßnahmen für Biodiversität“ zusammengestellte Fallstudienreihe zu Natur in der Stadt zeigt, wie Städte in Brasilien, Indien und Tansania die Natur in ihre Planungs- und politischen Entscheidungsprozesse einbeziehen. Von den ökologischen Vorteilen der Abfallbewirtschaftung in Moshi, Tansania, über die integrierte subnationale Planung in Campinas, Brasilien bis hin zur partizipativen Biodiversitätsplanung in Kochi, Indien, belegen diese Fallstudien, warum lokale und regionale Verwaltungen so entscheidend sind, um die Krise in der biologischen Vielfalt zu bewältigen. INTERACT-Bio wird von „ICLEI – Local Governments for Sustainability“ umgesetzt und von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) unterstützt.

Abkühlung für heiße Städte: Wie Bäume die Hitze in Städten abmildern und die Anpassungsfähigkeit einer Stadt erhöhen können

Sowohl Daressalam als auch Moshi, Tansania, erleben eine rasante Urbanisierung, und das Wachstum beider Städte wird sich voraussichtlich auch in der Zukunft fortsetzen. Infolgedessen geraten die natürlichen Ressourcen und die Ökosystemdienstleistungen, die sie erbringen, zunehmend unter Druck. Die kühlenden Eigenschaften von Bäumen sowie ihre Fähigkeit, Luftschadstoffe aufzunehmen und Kohlenstoff zu speichern, sind wichtige Ökosystemdienstleistungen im städtischen Umfeld. Diese Dienstleistungen gilt es anzuerkennen und zu schützen.

Die Fallstudie zur Abkühlung von heißen Städten dokumentiert zwei parallele Baumpflanz- und Bildungsinitiativen in Daressalam und Moshi. In Moshi pflanzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Aufklärungsveranstaltung an einer Sekundarschule 250 Bäume. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde auch eine neue „Baumtracker“-Software eingeführt, um die Pflanzung zu überprüfen und das zukünftige Monitoring der Bäume zu unterstützen. In Daressalam nahmen 32 Studierende an einer zweitägigen Schulung zu Naturdienstleistungen in der Stadt teil. Bei der Planung dieser Initiativen wurde die folgende Annahme zugrunde gelegt: Um von ausgewachsenen Bäumen profitieren zu können, müssen die Menschen in ihr Wachstum und in ihre Pflege investieren. Eine entscheidende Bedeutung kommt auch einer frühzeitigen Aufklärung über die Bedeutung von Natur in der Stadt zu. Bei beiden Initiativen war im Anschluss eine erhöhte Sensibilisierung sowie fundierteres Wissen in Bezug auf das Thema zu beobachten. Das ist ein Beleg dafür, dass gut geplante Initiativen langfristiges Engagement und Verhaltensänderungen auslösen können.

Kartierung eines ökologischen Konnektivitätsbereichs für Campinas

Die Zerstörung und der Verlust natürlicher Ressourcen sind ein Thema, das in Brasilien landesweit für Aufmerksamkeit sorgt. Dies umso mehr, als das Land zu einer der artenreichsten Regionen der Welt zählt. Die Ressourcen und Systemdienstleistungen, die eine artenreiche biologische Vielfalt bereitstellen kann, sind von grundlegender Bedeutung für die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Sie liefern die Lebensgrundlagen für traditionelle Gemeinschaften und unterstützen die Landwirtschaft und den Tourismus und erfordern daher vorrangige Maßnahmen zu ihrem Schutz.

Die Fallstudie zum Konnektivitätsbereich für Campinas zeigt, wie die Integration von Ökosystemdienstleistungen in die regionale Planung der Metropolregion Campinas die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene stärkte und die Umsetzung des Konnektivitätsbereichs für Campinas ermöglichte. Der Konnektivitätsbereich verbindet mithilfe von ökologischen Korridoren fragmentierte Naturräume im gesamten Bundesstaat São Paulo.

Die Entwicklung des Konnektivitätsbereichs erfolgte in drei Hauptphasen: der Mobilisierung der jeweiligen Interessengruppen, einer zweiteiligen technischen Analyse und den Bemühungen, die Integration in die regionale Politik und Planung zu beschleunigen. Im Rahmen dieses Prozesses verbesserte die Metropolregion Campinas die Verwaltung natürlicher Ressourcen sowie die Einbeziehung von Natur- und Ökosystemdienstleistungen in die Stadtplanung.

Entwicklung eines lokalen Strategie- und Aktionsplans für Biodiversität: Untersuchung von partizipativen Ansätzen in Kochi, Indien

Ein lokaler Strategie- und Aktionsplan (LBSAP) repräsentiert für Kommunalverwaltungen ein wichtiges Instrument, um den Schutz der biologischen Vielfalt umzusetzen. Lokale Strategie- und Aktionspläne (LBSAPs) setzen internationale und nationale Richtlinien und Ziele in Aktionspläne um, die sich auf lokaler Ebene implementieren lassen.

Diese Fallstudie befasst sich damit, wie der LBSAP für Kochi in einer partizipativen und wissenschaftlich fundierten Art und Weise entwickelt wurde. Mit der Arbeit am LBSAP verfolgt die Stadt Kochi das Ziel, ihre biologische Vielfalt und ihre Ökosystemdienstleistungen zu erhalten. Gleichzeitig möchte sie durch die inklusive Verwaltung ihrer Vielzahl an Ökosystemen für eine nachhaltige, sichere und klimafeste Entwicklung sorgen. Um die Eigenverantwortung und damit die Wirksamkeit des LBSAP zu erhöhen, führte die Stadt Kochi nicht nur Beratungen mit Expertinnen und Experten, sondern auch mit Interessengruppen auf städtischer und regionaler Ebene durch. Damit wurde eine vielfältige und umfassende Einbindung aller Beteiligten ermöglicht.

Das grün-blaue Netzwerk von Belo Horizonte: Eine Kartierungsmethode zur Festlegung von Prioritäten für naturbasierte Lösungen

Die Urbanisierung repräsentiert einen der aggressivsten Treiber für Umweltveränderungen – von Atmosphäre bis hin zu Boden und Wasser. Daher sollten Maßnahmen zur Wiederherstellung von Naturräumen zur Förderung von Ökosystemdienstleistungen und zur Erhöhung der Biodiversität für Kommunalverwaltungen höchste Priorität haben. Das Konzept von naturbasierten Lösungen bildet die Grundlage für die Wiedereingliederung natürlicher Kreisläufe in die Stadtentwicklung und -planung. Das Ziel ist, die Ernährungssicherheit, die einfache Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen und damit die Lebensqualität der Stadtbevölkerung zu verbessern.

Die in dieser Fallstudie vorgestellte Kartierungsmethode kombiniert technische Karten, welche die Nachfrage nach bzw. das Angebot an Ökosystemdienstleistungen zeigen, mit einer Mehrkriterienanalyse. Die Analyse wurde dazu eingesetzt, potenzielle Flächen für die Umsetzung von naturbasierten Lösungen innerhalb der Korridore des grün-blauen Netzwerks zu definieren.

Saubere Umwelt in Moshi: Erkenntnisse für die Abfallsammlung, Bereitstellung von Dienstleistungen und Realisierung von Einnahmequellen

Anhäufungen von Abfällen in Städten bilden eine der sichtbarsten Ausprägungen urbanen Wachstums und damit einhergehender Defizite in der Infrastruktur. Dieses Problem wird von Kommunalverwaltungen als zentrale Herausforderung angesehen, da es mit Umweltverschmutzung, der Ausbreitung von Krankheiten und Infrastrukturschäden verbunden ist. Darüber hinaus beeinträchtigt es die Schönheit öffentlicher Räume im städtischen Bereich.

Diese Fallstudie zeigt den Erfolg, den die Stadtverwaltung von Moshi in Bezug auf eine saubere Umwelt und ihre Abfallbewirtschaftung erzielt hat. Möglich wurde dieser Erfolg durch die Nutzung von Basisstrukturen zur Bereitstellung von Dienstleistungen, durch die Realisierung von Einnahmequellen und die Schaffung von gemeinsamen Werten für die Stadtbevölkerung. Moshi hat vier Mal die Auszeichnung für Gesundheit und Umwelthygiene des Landes Tansania gewonnen. Dies gelang, indem sie ihre Infrastruktur und Einrichtungen verbessert, in Umweltaufklärung investiert und ihre Gemeinschaft dazu befähigt hat, eine führende Rolle im Umweltmanagement zu übernehmen. Auch andere Kommunalverwaltungen in Tansania haben aus dem Erfolg von Moshi gelernt. Nach einem Besuch in Moshi startete der Regionalbeauftragte für Daressalam unter dem Titel „Ein Daressalam ohne Verschmutzung ist möglich“ eine vergleichbare Kampagne für eine saubere Umwelt.

Illustrierte Karten für natürliche Ressourcen: Ein neues Instrument, mit dem sich die Bedeutung von Natur in Städten vermitteln lässt

Illustrierte Karten natürlicher Ressourcen sind einzigartig leistungsfähige visuelle Instrumente. Mit ihrer Hilfe lassen sich Informationen über komplexe Ökosystemstrukturen, -funktionen und -dienstleistungen in einem geographischen Bereich vereinfachen, übersichtlich darstellen und kommunizieren. Die Karten unterstützen Kommunalverwaltungen dabei, den Erhalt der Biodiversität und die Verwaltung von Ökosystemen in die Stadtplanung zu integrieren. Darüber hinaus dienen sie dazu, die städtische Gemeinschaft miteinzubeziehen – für eine nachhaltige Entwicklung und Verbesserung der Lebensqualität.

Diese Fallstudie konzentriert sich auf den innovativen und partizipativen Ansatz, den die Stadt Kochi in Indien bei der Kartierung ihrer natürlichen Ressourcen verfolgt hat, und stellt illustrierte Karten natürlicher Ressourcen aus Kochi sowie zwei weiteren indischen Städten – Panaji und Gangtok – vor. Die Entwicklung der Kartierung natürlicher Ressourcen erfolgte in einem fünfstufigen Prozess, der die Abbildung von Natur- und Kulturgütern, die Auswahl von Arten und Ökosystemen, die Illustration sowie die Überprüfung und Fertigstellung umfasste. Letztendlich wurde in Kochi lokales und traditionelles Wissen eingesetzt, um Ergebnisse zu erzielen, die nicht nur als visuelle Anregung dienen, sondern auch das Umweltverhalten der Bürgerinnen und Bürger fördern sollen.

Ausblick

Diese sechs Fallstudien sind die ersten in einer ganzen Reihe, die zeigt, wie Städte des globalen Südens mit Unterstützung des INTERACT-Bio-Projekts der städtischen Natur Priorität einräumen, die biologische Vielfalt schützen und ihre Ökosystemleistungen stärken. Die Ergebnisse wurden über das ICLEI-Netzwerk aus mehr als 2500 Städten, Gemeinden und Regionen weitergegeben. Drei weitere Fallstudien sind derzeit in Arbeit.

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