Frieden mit der Natur
Die Menschheit muss ihren Umgang mit der Natur ändern. Der jährliche „Tag des Gewissens“ der Vereinten Nationen bietet Anlass zur Reflektion.
Mit dem jährlichen „Tag des Gewissens“ am 5. April lädt die Generalversammlung der Vereinten Nationen ein, eine Friedenskultur mit Liebe und Gewissen aufzubauen. Die Einladung geht an Mitgliedsstaaten, Organisationen im UN-System, andere internationale und nationale Organisationen, den Privatsektor und die Zivilgesellschaft sowie NGOs und einzelne Menschen.
Frieden, so die UNESCO vor über 50 Jahren, muss auf moralischer Solidarität gründen, um langfristig wirksam zu werden. Eine solche Kultur des Friedens, sensibel für nationale, regionale und kulturelle Gegebenheiten, trägt zur Zukunftssicherung und einer nachhaltigen Entwicklung bei, insbesondere der Umsetzung des Nachhaltigen Entwicklungsziels (SDG) 16, Friedliche, gerechte und inklusive Gesellschaften mit starken Institutionen für eine nachhaltige Entwicklung aufbauen und fördern.
Im Kontext von Biodiversitäts-, Natur-, Umwelt- und Klimaschutz regt dieser Aufruf, eine Friedenskultur zu bauen, dazu an, einen Frieden mit der Natur zu reflektieren. Ein gewissenhafter Umgang und Frieden mit der Natur müssen sicher heißen, global, regional und lokal in solchen Mensch-Natur-Verhältnissen zu leben, dass die Gesundheit unseres Planeten, die Mitwelt und die Lebensgrundlagen der Menschheit durch Lebensstile und menschliche Eingriffe in Ökosysteme nicht dauerhaft geschädigt werden.
Kurz: Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit sollten gesellschaftliches Handeln prägen und politisch-ökonomische Entscheidungen sollten die Tragfähigkeit der Erde als Priorität haben.
“Making peace with nature is the defining task of the 21st century.”
UN-Generalsekretär António Guterres 02.12.2020
Doch: 2021 befindet sich die Menschheit in einer planetarischen Notlage. Vier der neun planetarischen Grenzen, das heißt die Belastbarkeit der zentralen natürlichen Systeme und Prozesse, sind zum Teil weit überschritten: Der Biodiversitätsverlust, die globale Klimaerwärmung, der Nährstoffeintrag sowie weitere anthropogene Veränderungen natürlicher Ökosysteme überschreiten die Resilienz der Erde. Auch der Wasserverbrauch übersteigt zumindest regional die natürliche Regenerationsfähigkeit des Wasserkreislaufs. Kipppunkte in Ökosystemen sind vielerorts überschritten. Daher müssen wir einen Frieden mit der Natur finden, das heißt ein Leben innerhalb der planetarischen Grenzen erreichen. Doch wie ist dies angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung von vorausgesagt zehn Milliarden Menschen im Jahr 2050 und einem wachsenden Bedarf an Energie und natürlichen Ressourcen möglich?
Frieden mit der Natur: Biodiversität und Klima
Die Projekte der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) bewegen sich im Kontext der beiden planetarischen Grenzen Klimawandel und Artensterben. Sie nehmen insbesondere die Wechselwirkungen zwischen Klimaerwärmung und dem Aussterben von Arten und der genetischen Vielfalt sowie der Degradierung von Ökosystemen in den Blick. Mit politischen und zivilgesellschaftlichen Partnerninnen und Partnern vor Ort setzen die IKI-Projekte Initiativen und Maßnahmen um, die durch Synergieeffekte den Klimaschutz zu Biodiversitätsschutz machen - und umgekehrt.
Am Waldschutz werden die Synergien zwischen Artenschutz, Klimaschutz und nachhaltiger Nutzung innerhalb der Tragfähigkeit und Resilienz von Ökosystemen vielleicht am deutlichsten: Gesunde Wälder mit biologischer Vielfalt wirken als Kohlenstoffsenken und bieten Einkommen für die lokale Bevölkerung. Über die „Bonn Challenge“ des Bundesumweltministerium (BMU) und IUCN, welche auch vom Projekt „Katalysieren von Zusagen des Privatsektors zur Umsetzung der Bonn Challenge – eine Erfolgsplattform“ unterstützt wird, sollen bis 2030 350 Millionen Hektar degradierter und entwaldeter Landschaften restauriert werden. So werden zum einen Kohlenstoffsenken erhalten und zum anderen der Erhalt der Biodiversität und dessen nachhaltige Nutzung unterstützt.
Das IKI-Projekt „Schutz der Biodiversität, von Seegrasökosystemen und deren Umweltdienstleistungen“ trägt zum Erhalt der Lebensräume für die Dugongs bei, welche durch Küstenentwicklung, Fischerei und Bootsfahrt, Umweltverschmutzung und Klimawandel gefährdet sind. Es sammelt Daten, um wichtige Seegrasgebiete zu identifizieren und mit Gemeinden und Entscheidungstragenden Strategien zum Seegrasschutz zu entwickeln. Zudem führt es alternative Geschäftsmodelle ein, um Lebensgrundlagen zu verbessern und Mittel für den Schutz des Seegrases bereitzustellen.
Frieden mit der Natur: Energie und Urbanisierung
2050, so ist vorausgesagt, werden 75 Prozent der Menschheit in Städten leben, in urbanen Mega-Regionen mit riesigen Millionenstädten. Der Energie- und Ressourcenverbrauch steigt weiter und überproportional zu der wachsenden Weltbevölkerung. Projekte zu erneuerbaren Energien, zu elektrischer Mobilität oder mit Wasserstoff sowie im Themenfeld Stadt-Land-Regionalentwicklung (urban-regional interface) erarbeiten Wege und Handlungsmöglichkeiten, die die Umsetzung von SDG 8 (Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle) fördern.
Das IKI-Projekt „Biodiver_CITY San Jose - Einrichtung interurbaner Biokorridore“ unterstützt San José in Costa Rica darin, ökologische Korridore zu schaffen, um auch hier Biodiversität zu erhalten und eine ökosystembasierte Stadtplanung umzusetzen. Im IKI-Projekt „Growing Smarter: Nachhaltige Mobilität in Ostafrika“ wird das rasante Wachstum afrikanischer Städte und die damit verbundenen Verkehrsstaus und unkontrollierte Zersiedelung bekämpft. Steigende Treibhausgasemissionen, Luftverschmutzung, städtische Armut und Klimaanfälligkeit sollen durch die Förderung des öffentlichen und nicht-motorisierten Verkehrs sowie die Stadtplanung in den Zielländern gemindert werden. In Nairobi, Kigali und Kampala baut das Vorhaben qualitativ hochwertige ÖPNV-Systeme mit auf, in Dar es Salaam wird das bestehende Schnellbussystems ausgeweitet. Dabei wird die Integration von ÖPNV mit Rad- und Fußverkehr verbessert und die Stadtentwicklung entlang von Verkehrskorridoren berücksichtigt.
Das IKI-Projekt „Integration Erneuerbarer Energien in das Indische Stromsystem, I-RE“ wird in Indien die Solarstromerzeugung verstetigt und ausgebaut. Trotz ambitionierter Ziele bleibt der Aufbau der Erneuerbaren Energien in Indien bisher noch hinter den eigenen Erwartungen zurück. Durch dezentrale Photovoltaik (PV)-Installationen insbesondere auf Dächern verbindet das Projekt Klima- und Energiepolitik insbesondere bei der Stadtentwicklung. Gemeinsam mit Pilotstädten des indischen Smart-Cities-Programms erarbeitet das Projekt Empfehlungen zur Unterstützung des Ausbaus von PV-Dachanlagen und setzt sie um.
Die technische und finanzielle Machbarkeit der Herstellung sowie Strategien zur nachhaltigen Nutzung synthetischer Kraftstoffe auf der Grundlage erneuerbarer Energien (Power-to-X) in Partnerländern des BMU stehen im Mittelpunkt des IKI-Projekts „Langfristige Dekarbonisierungspfade basierend auf Power-to-X“. Dabei müssen Power-to-X-Aktivitäten im Einklang mit den SDGs, den national bestimmten Klimaschutzbeiträgen (NDCs) der Partnerländer und dem Dekarbonisierungsziel des Pariser Klimaschutzabkommens stehen. Langfristig soll eine Pilotanlage zu Demonstrationszwecken errichtet werden.
Der „Krieg gegen die Natur“ muss beendet werden
2020 erklärte UN-Generalsekretär Antonio Guterres den planetarischen Notfall, einen planetary emergency. Es ist der bisher letzte Versuch, die Weltgemeinschaft auf die dringende sozial-ökologische Transformation zu nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweisen einzuschwören. Die globale Covid-19-Pandemie ist keine Naturkatastrophe, sondern auch darauf zurückzuführen, dass durch menschliche Eingriffe in Flora- und Fauna-Habitate die Resilienz von Ökosystemen geschwächt wird.
„Die Menschheit führt Krieg gegen die Natur. Das ist selbstmörderisch“, so Guterres im Dezember 2020. Die SDGs und die Agenda 2030, Transform our world geben Ziele und Zielrichtung für eine global nachhaltige Entwicklung, für einen Frieden mit der Natur vor. Sie sind Wegweiser, wie zu den fünf globalen Gemeinschaftsgütern (Biodiversität, Klima, Wasser, Land und Ozeane ) zukunftsfähige und sozial gerechte Lebens- und Wirtschaftsweisen unter Einhaltung der ökologischen Tragfähigkeit der Erde, im Frieden mit der Natur möglich werden.
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